Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Mosbacher fürchten sich vor Desaster
Konzept soll verhindern, dass es im Ortsteil durch eine Flut zur Katastrophe kommt
Wutha-Farnroda. Noch immer sitzt der Schreck bei den Einwohnern von Mosbach tief, wenn sie an die überaus heftige Flutkatastrophe vom 4. Juni 2021 denken. Damals füllten sich bei der Sturzflut binnen weniger Minuten Keller bis unter die Decke mit Wasser, Autos schwammen mit Kindern auf der Theo-Neubauer-Straße von dannen und Baucontainer über eine Wiese, bis sie an eine Hauswand krachten. Die Gemeinde Wutha-Farnroda möchte dieses enorme Hochwasserereignis kein zweites Mal erleben und nahm seither insgesamt knapp 600.000 Euro in die Hand, um beispielsweise Durchlässe zu vergrößern. Zudem gaben die Gemeinderäte ein Hochwasserschutzkonzept zur Gefahrenabwehr in Mosbach in Auftrag, das Christian Förster am Dienstagabend den 14 anwesenden Gemeinderäte der letzten Ratssitzung der Legislatur in der Hörselberghalle von WuthaFarnroda vorgestellt hat.
„Es ist Grundlage für die nächsten Schritte – mit dem Konzept können sie Fördermittel beantragen“, sagt der Ingenieur. Er ist sich sicher, dass solche heftigen Niederschlagsereignisse in den nächsten Jahren bundesweit zunehmen werden. Für das Schutzkonzept des Ortsteils nimmt Christian Förster die Topografie des 15 Quadratkilometer großen Einzugsgebiets des Mosbachs mit seinen Nebenbächen unter die Lupe. Für sein Konzept misst er zunächst vor Ort 60 relevante Brückenund Durchlass- sowie StauBauwerke auf.
Ursache der heftigen Schäden liegt bei den Wäldern
„Der Ausbau der Theo-NeubauerStraße spielt für den Abfluss keine negative Rolle – er hilft sogar als Notwasserweg“, betont der Ersteller des Konzepts. Größer dimensionierte Abwasserkanäle im Untergrund machten nach einer KostenNutzen-Rechnung für den Ingenieur wenig Sinn. „Sie müssten regelmäßig gespült werden, was bei kleinen Kanälen kaum vorkommt“, meint er.
Die Ursache für die heftigen Schäden nach dem brutalen Niederschlagsereignis des Juni 2021 sieht Christian Förster in den umliegenden Wäldern: „Sie sind nicht mehr so gesund wie früher.“Dies führt er auf den Borkenkäfer zurück, aber auch auf Sturmereignisse. Detlef Krüger (Fraktionschef Linke/Grüne), der zur Sitzung für
sein mehr als 30-jähriges Engagement im Gemeinderat von Bürgermeister Jörg Schlothauer (pl.) zum Ehrenmitglied ernannt wird, sieht auch eine Mitschuld der Gemeinde. „Das Kind ist in den Brunnen gefallen – dort wurde in den letzten 30 Jahren viel zu viel Holz geerntet – da oben fehlt jetzt der Wald, der wie ein Schwamm wirkte“, moniert der stellvertretende Gemeinderatsvorsitzende.
Die Lösung für Mosbach sieht der Konzeptplaner im Rückhalt von Wasser. „Das Ziel ist, 54.000 Kubikmeter zurückzuhalten.“Nach dem Berechnungsmodell wären bis zu acht Meter hohe Staubauwerke nötig. Er spricht sich aber für einen naturnahen Wasserrückhalt aus. So könnten in Absprache mit betroffenen Bauern Beckenmulden auf den umliegenden Feldern entstehen, die problemlos weiter bestellt werden
können und mit landwirtschaftlicher Technik zu befahren sind. Aber auch an die Anhebung von Waldwegen um einen Meter denkt er, damit sich im Graben dahinter genügend Regenwasser sammeln kann. Ohne Einverständnis der Eigentümer des Bodens sei nichts zu machen. Auch an Erdwälle und Kaskaden aus Geröll denkt er. Solche Objekte des Rückhalts würden die Wassermassen etwa anderthalb Stunden einstauen und nach dem Hochwasserzenit langsam über drei Stunden ausstauen. Ein größerer naturnaher Rückhalt wäre hinter dem Sportplatz möglich. Viele Durchlässe seien unterdimensioniert, andere müssten gänzlich rückgebaut werden.
Für Ratsmitglied Bernd Moratschke (AfD) kommen Staubauwerke nicht in Frage. Die Ableitung in den Wald sei sinnvoller. Johanna
Helch (Fraktion Linke/Grüne) wirbt dafür, auf Ackerflächen nicht hangabschüssige Furchen anzulegen. Nach Ansicht von Christian Förster sei dies bei klassischen Feldern mit Getreide praktikabel, aber nicht bei Kartoffeln. So würden die Wassermassen viel Schlamm mit sich reißen. Auch auf zu schmalen Feldflächen könne ein ständiges Wenden des Traktors Landwirten nicht zugemutet werden.
Franziska Wilhelm (Bündnis Wutha-Farnroda) spricht sich für ein sensorisches Frühwarnsystem aus. Für Ingenieur Christian Förster sei dies zu kosten- und wartungsintensiv und bringe eine Vorabalarmierung von höchstens einer Dreiviertelstunde. Er spricht sich aus, die Daten der vier nahen Messstationen des Deutschen Wetterdienstes auszuwerten und Alarmstufen für Mosbach zu definieren.