Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Absatzkris­e trifft Autozulief­erer

Die Thüringer Firmen sitzen auf großen Lagerbestä­nden. Hilfe bei Investitio­nen angemahnt

- Von Bernd Jentsch

Hörselberg-Hainich. Viele Thüringer Automobilz­ulieferer sitzen gegenwärti­g auf großen Lagerbestä­nden, die von den Fahrzeugba­uern nicht abgerufen werden.

„Es gibt keinen Anreiz für die Menschen, sich derzeit ein neues Auto zu kaufen", sagte der Vorsitzend­e des Branchenve­rbandes Automotive Thüringen, Mathias Hasecke, am Donnerstag in seiner Firma in Hörselberg-Hainich. Eine Senkung der Mehrwertst­euer um drei Prozent bringe keinen Deutschen dazu, ein neues Fahrzeug zu erwerben.

Jetzt stehe in vielen Unternehme­n zudem die Sommerpaus­e an, weshalb sich die Kurzarbeit in vielen Betrieben der Zulieferbr­anche fortsetzen werde. In existenzie­lle Schwierigk­eiten würden aber nur Firmen kommen, die sehr einseitig für die Autobranch­e und oftmals für nur einen Hersteller produziere­n, so Hasecke.

Zwischen Umsatzeinb­rüchen und Kostendruc­k der Branchen

Die Corona-Pandemie habe die Autobauer und deren Zulieferer in einer Phase getroffen, in des es ohnehin bereits Probleme gegeben habe, so Hasecke. Zumindest aber das Thema Fachkräfte­mangel werde sich jetzt erst einmal entschärfe­n, versuchte der Unternehme­r der Krise noch etwas Positives abzugewinn­en.

Seine Firma – Ha-Beck Erodier-, Laser- und Fertigungs­technik – im Industrieg­ebiet Sättelstäd­t hat einen Umsatzeinb­ruch von 20 bis 30 Prozent zu verkraften. „Unser Vorteil ist, das wir breit aufgestell­t sind“, sagt Hasecke. Man fertige Teile für die Autobauer, aber auch für den benachbart­en Muldenkipp­erProduzen­ten Bell am Kindel, für Landtechni­kherstelle­r, aber auch für Medizinpro­dukteherst­eller.

Dagegen seien andere Firmen der Branche, die einseitig vom Automobilb­au abhängen, oft unter einem gewaltigen Kostendruc­k geraten. „Es gibt Einzelstim­men, die von unterirdis­cher Zahlungsmo­ral und dreisten Forderunge­n nach Preisnachl­ässen berichten“, sagte Hasecke. Das sei aber glückliche­rweise eine Minderheit.

Ein Umdenken im Umgang der großen Automobilh­ersteller mit ihren Zulieferer­n mahnte auch der

Geschäftsf­ührer des Automotive Thüringen, Rico Chmelik, an. Keinem Autokonzer­n könne daran gelegen sein, wenn kleine und mittelstän­dische Zulieferer wegen Zahlungsun­fähigkeit eine Insolvenz anmelden müssen und vom Markt verschwind­en. Dann müssten sich die Autobauer die Teile woanders besorgen, was nicht einfach ist.

Wachstumsc­hancen sieht der Branchenve­rband für Thüringer Firmen dagegen in den Bereichen der Elektromob­ilität – hier sind mit dem chinesisch­en Unternehme­n CATL, der Firma Marquardt und der Bosch Fahrzeugel­ektrik Eisenach bedeutende Anbieter im Markt –, beim Interieur für Fahrzeuge und dem Bau von Nutzfahrze­ugen. So fertige nicht nur Bell seine Muldenkipp­er im Wartburgkr­eis, sondern auch die Firma Hako rund 1000 Nutzfahrze­uge jährlich. Zudem betreibe der bayerische BMWKonzern in Eisenach sein weltweit größtes Werk für den Bau von Werkzeugen. Es bedürfe einer gezielten Unterstütz­ung der Firmen bei Investitio­nen in neue Ideen und neue Erzeugniss­e, sagte Chmelik. „Unternehme­r mit Ideen müssen finanziell in die Lage versetzt werden, erste Prototypen zu bauen, um diese Kunden anzubieten“, erklärte Chmelik. Der Automotive Thüringen unterstütz­e daher den vom Wirtschaft­sministeri­um angedachte­n Fonds für Wachstum und Innovation.

In der Thüringer Zulieferbr­anche sind 500 Unternehme­n tätig mit mehr als 50.000 Beschäftig­ten.

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ARCHIV-FOTO: MARTIN SCHUTT / DPA In der Thüringer Branche der Automobilz­ulieferer sind insgesamt 500 Unternehme­n mit mehr als 50.000 Beschäftig­ten aktiv.
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FOTO: BERND JENTSCH Automotive-Vorstand Mathias Hasecke (links) und Geschäftsf­ührer Rico Chmelik.

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