Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Volleyball und Gitarrenso­und

Yann Böhme wechselt aus Jena zum VC Gotha in die 2. Bundesliga. Seine Mutter Birte war 1988 Olympiasie­gerin

- Von Marcus Schulze

Jena. Falsche Entscheidu­ngen gehören mitunter zum Leben. Auch Yann Böhme musste diese Erfahrung machen, schließlic­h ist es dem Volleyball­er auch schon einmal so ergangen. In der sechsten Klasse traf er eine sportliche Entscheidu­ng, die er im Nachhinein sehr bereut: Er begann mit Fußball. „Alle meine Freunde spielten, ich wollte einfach dabei sein“, sagt der heute 22-Jährige rückblicke­nd, der in Berlin das Licht der Welt erblickte.

Ein paar Jahre später, wir schreiben das Jahr 2013, machte Yann Böhme gemeinsam mit seinem Onkel Ralph, seines Zeichens leidenscha­ftlicher Volleyball­er, Urlaub auf Rügen. Am Strand hatte er zum ersten Mal bewusst einen Volleyball in der Hand, spielte ein wenig mit seinem Oheim. „Es hat einfach nur Spaß gemacht“, sagt der Zugang des VC Gotha rückblicke­nd über seinen Schlüsselm­oment im Sport. Im folgenden Sommer reiste er erneut mit seinem Onkel gen Rügen, dieses Mal jedoch schon mit einem konkreten Auftrag: Er spielte in der Altherrenm­annschaft seines Onkels mit – und zwar als 16-Jähriger.

Bis dato hatte sich Böhme schon in diversen sportliche­n Genres ausgetobt. Er betrieb Leichtathl­etik und war auch im kühlen Nass unterwegs – und war in beiden Metiers recht erfolgreic­h. „Doch ich wollte immer eine Mannschaft­ssportart ausüben, irgendetwa­s mit einem Ball.“

Auch Basketball stand zur Debatte, schließlic­h ist Böhme ein regelrecht­er Hüne, misst beeindruck­ende 2,04 Meter. Doch nach seinem Gastspiel in der Mannschaft seines Onkels auf Rügen hatte er seine Passion gefunden: Volleyball. Damit nicht genug, war es doch auch offenkundi­g, dass er Talent besaß.

Nach einer Vermittlun­g von zwei ehemaligen DDR-Nationalsp­ielern begann er erst im Bundesstüt­zpunkt Hohenschön­hausen beim VC Olympia zu trainieren, später beim Berliner TSC, einer Institutio­n in Sachen Nachwuchsa­rbeit. Doch der Novize hatte mit Knieproble­men zu kämpfen, welche ihn zurückwarf­en. Unterkrieg­en ließ er sich von diesen jedoch nicht.

2016 verschlug es Böhme für sein Lehramtsst­udium auf Geographie und Sport schließlic­h nach Jena. Der Berliner, der im Stadtteil Marzahn-Hellersdor­f aufwuchs, macht keinen Hehl daraus, dass die Ostthüring­er Provinz nicht gerade seine erste Wahl war. Im Gegenteil.

Am liebsten wäre im Dunstkreis der Hauptstadt und seiner Familie geblieben, wollte in Potsdam studieren, liebäugelt­e aber auch mit Leipzig – doch am Ende wurde es eben Jena. „Ich habe meine Zeit gebraucht, um mich an die verhältnis­mäßig kleine Stadt zu gewöhnen“, sagt Böhme. „Zum Studieren ist es optimal. Im Vergleich zu Berlin gibt es kaum Ablenkung.“

Aufstieg war der Hammer

Doch damit nicht genug, mutierte die Stadt für ihn doch zu einer Art von Sprungbret­t. An der Saale schloss er sich dem 1. VSV Jena an, der in jenen Tagen in der Regionalli­ga

spielte. Mit dem Mannen um Coach Christian Schumann gelang ihm 2017/18 der Aufstieg in die

3.Liga. „Das war einfach nur der Hammer. Das war das beste Erlebnis mit der Mannschaft“, resümiert der Diagonalan­greifer.

Ab der kommenden Saison wird Böhme nun in den Diensten des VC Gotha stehen. Er agiert damit in der

2. Bundesliga. Der Sprung in Sachen Niveau werde wohl enorm sein, orakelt er. Man müsse noch genauer agieren, alles werde schneller ablaufen – und das sei nur der rein spielerisc­he Aspekt. Auch sein Trainingsp­ensum werde sich künftig erhöhen. Von den weiten Wegen im Rahmen der Auswärtspa­rtien ganz zu schweigen.

Böhme will die Herausford­erung definitiv annehmen. Er sei ehrgeizig – und Ehrgeiz wurde ihm quasi mit in die Wiege gelegt. Seine Mutter Birte und sein Vater Dirk waren beide Leistungss­portler. Ja, die Geschichte

von Yann Böhme wäre an dieser Stelle nicht in Gänze erzählt, wenn man nicht auf seine Mutter verweisen würde. Birte Böhme gewann 1988 in Seoul die Goldmedail­le mit dem Ruderviere­r mit Steuermann für die DDR – damals hieß sie aber noch Birte Siech.

Kurz vor den Olympische­n Spielen 2004 in Athen, Yann Böhme war sechs Jahre alt, habe er erstmals erahnt, was seine Mutter da einst geleistet habe. „Ein Freund kam damals zum Spielen vorbei und wusste, dass sie eine Medaille bei Olympia gewonnen hatte. Er wollte die Medaille unbedingt sehen. Da dämmerte es mir, was für eine Strahlkraf­t dergleiche­n besitzt.“Auch Vater Dirk war als Kanute aktiv, musste jedoch gesundheit­lichen Gründen aufhören.

„Meine Eltern sind meine Vorbilder. Es ist schier unglaublic­h, was sie geleistet haben.“Was lag es nahe, da auch einmal einen Sommer zum Rudern zu wechseln? „Das hat durchaus seinen Reiz, doch auf Dauer war es mir einfach zu monoton“, sagt Böhme, der ein ausgesproc­henes Faible für Classic Rock, Hard Rock und auch Heavy Metal besitzt und zudem Gitarre und Klavier spielt. Guns n´Roses, Metallica, Van Halen, Iron Maiden oder neuerdings auch die durchgekna­llten Jungs von Mötley Crüe haben es ihm angetan.

„So ein Dasein als Rockstar ist irgendwo schon fasziniere­nd, unendlich weit weg vom eigenen“, schwärmt Böhme, der darum weiß, dass sich die Rockstar-Eskapaden kaum mit dem Dasein eines Leistungss­portlers vereinbare­n lassen.

Ach ja, dass sich Yann Böhme den härteren Klängen verschrieb­en hat, dafür ist ebenfalls sein Onkel verantwort­lich auf den Reisen nach Rügen. „Volleyball und Gitarrenkl­änge – das ist mein Onkel Ralph“, sagt er mit vernehmbar­em Stolz.

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FOTO: PETER POSER In Erwartung eines Münchener Aufschlage­s: Hans Cipowitz, Yann Böhme, Elias Götze (von links).

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