Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
„In den Schulen wächst der Frust“
Der Thüringer Lehrerverband fordert von der Landesregierung, im Kampf gegen Lehrermangel aktiv zu werden
Rolf Busch hält nichts von Stillstand. Deshalb beäugt der Vorsitzende des Thüringer Lehrerverbandes besonders skeptisch, was aktuell in der Landespolitik passiert. „Die alten Regierungsfraktionen, die keine Mehrheit mehr haben, sagen: ‚Wir machen weiter so. Wir müssen uns eben die vier fehlenden Stimmen irgendwo suchen.‘“Das hält Busch zwar aus Sicht der Parteien und Fraktionen für legitim, und er traut Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) dieses Unterfangen auch durchaus zu. Aber zielführend im Sinne von Lehrern und Schülern sei es sicher nicht.
Was Busch nicht nachvollziehen kann: Obwohl sich alle einig sind, dass noch mehr Lehrer eingestellt werden müssen, um den Unterrichtsausfall einzudämmen, passiert momentan nichts. „Warum will der Kultusminister auf ein Signal aus dem Landtag warten?“, fragt sich der TLV-Chef. „Wer verbietet einer geschäftsführenden Landesregierung, eine Gesetzesinitiative zu starten?“
Verband könnte zwischen Regierung und Opposition vermitteln
Seiner Ansicht nach könne man doch einen Nachtragshaushalt auf den Weg bringen, um 500 Lehrer mehr einzustellen. Natürlich müssten sich Linke, SPD und Grüne dabei vorher mit der CDU abstimmen. Sollte die Stufenlehrerausbildung, die nicht mehr die Unterscheidung zwischen Gymnasial- und Regelschullehrern vorsieht, eine Rolle spielen, würde sie wohl auf erbitterten Widerstand bei der Union stoßen. „Damit wird man also keine Mehrheit hinkriegen“, mahnt Busch. „Aber irgendwo gibt es doch einen Grundkonsens bei allen Parteiprogrammen.“
Damit es bildungspolitisch vorangeht, würde der Lehrerverband gerne eine Vermittlerrolle zwischen rot-rot-grünen Koalitionären und CDU und FDP einnehmen. Damit bei aller Skepsis der beiden Oppositionskräfte endlich eine projektbezogene Zusammenarbeit zustande
Rolf Busch ist Vorsitzender des Thüringer Lehrerverbands. kommt. Dazu gehört auch der ministerielle Vorstoß, die Besoldungsgruppe A13 als Eingangssamt für die Grundschullehrer einzuführen. Wenn Bildungsminister Helmut Holter (Linke) weiter nur auf eine Initiative des Parlaments warte, gingen in der Zeit schon wieder viele Grundschullehrer an andere Bundesländer verloren.
Insgesamt 1200 Lehrer sollten im Jahr 2019 eingestellt werden – 900 Nachbesetzungen und 300 zusätzliche Einstellungen. Immerhin fehlten Ende November für dieses Ziel noch rund 120 Pädagogen, teilte das Bildungsministerium jüngst mit. Für Busch aber reicht das Stellenziel ohnehin bei Weitem nicht aus. Angesichts von 800 Schulen in Thüringen würden auch die 120 Lehrer, wenn man sie denn fände, die Mangelwirtschaft nicht beheben.
Am Geld könne die Umsetzung mit Blick auf die Rücklagen des Landes momentan nicht hapern, meint Busch. Es müsse schnell gehandelt werden. Denn: „In den Schulen wächst der Frust.“