Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Virtuelles
Business-plattformen wie Xing oder Linkedin sind längst ein wichtiger Baustein im Jobfindungsprozess. Ein detailliertes Profil erhöht die Chancen. Bewerber müssen aber gut überlegen, was sie preisgeben
itte klicken Sie hier, wenn Sie weiterhin von uns hören möchten . . .“Viele haben diesen Satz in den letzten Wochen mehr als einmal in ihren Emails gelesen. Grund ist die neue Datenschutz-grundverordnung (DSGVO), die den Schutz digitaler Daten wieder verstärkt in die öffentliche Diskussion rückt. Die Frage, welche Daten ins Netz gestellt werden sollten, betrifft auch Nutzer von Karrierenetzwerken wie Xing, Linkedin und Co. Denn wer online Kontakte für die Karriere knüpfen möchte, sollte bereit sein, einiges von sich preiszugeben. Doch wie sinnvoll ist überhaupt die Mitgliedschaft bei solchen Plattformen?
Jan Bohlken, Karriereberater und Inhaber des Düsseldorfer Profiling Instituts, sieht in digitalen Karrierenetzwerken für Arbeitnehmer ein wesentliches Medium bei der Jobsuche. Für ihn sind Personaler und Headhunter, die sich auf solchen Plattformen nach geeigneten Mitarbeitern umsehen, kein Gerücht sondern Realität. „Die digitalen Karrierenetzwerke bilden einen wichtigen und leicht zugänglichen Pool an Fachkräften“, so Bohlken. Besonders auf der Suche nach Personal für die mittlere Unternehmensebene würden diese Netzwerke durchsucht.
Die Netzwerke sind bei Personalern und Headhuntern beliebt
Christian Goetz, Managing Partner des Beratungs- und Vermittlungsunternehmens Karent, sieht das ähnlich: „Der sinnvolle Einsatz digitaler Karrierenetzwerke ist mittlerweile ein fester Bestandteil unserer Beratungsleistung. Sowohl Headhunter als auch firmeneigene Recruiter schauen sich dort immer häufiger um – auch weil es einfach ist und schnell geht.“
Es ist also durchaus möglich, mit einem starken Profil die Aufmerksamkeit von Personalverantwortlichen oder Headhuntern zu erregen. Jutta Boening, Vorstandsvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung e.v. (DGFK), mahnt im Hinblick auf den Datenschutz allerdings zur Vorsicht: „Ein kompletter Lebenslauf enthält sehr sensible und persönliche Daten. Deshalb nicht sofort bei der ersten Anfrage eines Unbekannten alle Dokumente verschicken.“Hier gilt es, zwischen Datenschutz und Sichtbarkeit eine angemessene Balance zu finden. Boening rät, zunächst nur ein Kurzprofil mit den Kernkompetenzen anzulegen, um einen ersten Impuls zu setzen. Erst wenn eine Beziehung aufgebaut ist und ein Gespräch stattgefunden hat, sollte das Versenden der Unterlagen erfolgen. Die Dgfk-sprecherin empfiehlt außerdem, andere Jobquellen nicht aus den Augen zu verlieren. „Es gibt durchaus Bereiche, wie zum Beispiel das Ingenieurwesen oder andere technische Berufe, bei denen Fachzeitschriften oder Messen immer noch wichtige Jobquellen darstellen“, so Boening. Fakt ist aber auch: Viele Stellen in mittleren und höheren Positionen, in denen Expertenkompetenz und mehrjährige Berufserfahrung gefragt ist, werden kaum noch öffentlich ausgeschrieben. Das häufig zitierte „Vitamin-b“, also persönliche Beziehungen und Kontakte, spielen eine immer größere Rolle, um den Traumjob zu bekommen. Genau dort setzen Business- und Karrierenetzwerke wie n
tabu
Xing für den deutschsprachigen Raum oder das international ausgerichtete Linkedin an. Sie entfalten erst auf längere Sicht ihre ganze Wirkung. Die laufende Pflege professioneller Kontakte, ein gegenseitiger Austausch, der Aufbau von Fachreputation und ein gezieltes Marketing der eigenen Person braucht Zeit, kann sich aber auf Dauer auszahlen – und langfristig die Chancen erhöhen, über Kontakte an den „verdeckten Stellenmarkt“zu gelangen.
Wichtig ist auch die Vernetzung in andere Branchen
Anzunehmen, man müsse nur ein Profil erstellen und dann abwarten, bis die Jobangebote ins Haus flattern, wäre allerdings illusorisch – denn Netzwerke leben von Kooperation. Es gilt also, nach und nach ein wirkungsvolles Netzwerk aufzubauen, es zu pflegen und ein offenes Ohr für andere zu haben. Mit anderen Worten: möglichst aktiv zu sein.
Ein wirkungsvolles digitales Netzwerk aufzubauen, heißt aber auch, sich nicht nur auf „Schlüsselkontakte“aus der eigenen Arbeitsumgebung zu beschränken, sondern sich auch mit Bekannten aus anderen Branchen und Lebensbereichen zu vernetzen – man kann nie wissen, welche Gelegenheiten sich daraus ergeben werden. Allerdings wird ein Online-netzwerk niemals die persönliche Face-toface-kommunikation ersetzen können, ist sich Jan Bohlken sicher: „Digitale Netzwerke schaffen die Plattform für einen ersten Kontakt. Die nächste Stufe, also ein intensiver Austausch, muss offline erfolgen.“