Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Verstörend viele Belege für Nachkriegsgewalt
Der tschechische Historiker Jiří Padevět weist Verbrechen in den böhmischen Ländern nach
Es sind Bilder des Schreckens. Fotos von Gräueltaten. Belege für frühe Nachkriegsgewalt. Der tschechische Historiker Jiří Padevět hat die Verbrechen in den böhmischen Ländern lokalisiert und in dem mehr als 700-seitigen Band „Blutiger Sommer 1945“zusammengestellt. Als politisches Sachbuch ist es mittlerweile auf Deutsch erschienen – im Leipziger Verlag Tschirner & Kosova.
Es sei, sagt Verleger Jürgen Tschirner, die bisher umfangreichste Dokumentation der Gewalttaten an
Deutschen auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik zwischen Mai und August 1945. Die deutsch-tschechische Historikerkommission gehe davon aus, dass dabei etwa 25.000 Menschen gewaltsam zu
Tode kamen, so Tschirner. Padevět habe mit 40 Mitarbeitenden systematisch die inzwischen zugänglichen tschechischen Archive nach Zeugnissen der damaligen Ereignisse durchforstet. Die Funde – häufig zudem mit Bildern belegt – werden 14 Regionen zugeordnet, so dass sich an mehr als 550 Orten nachschauen lässt, was über konkrete Übergriffe bekannt und belegbar ist. Die Zusammenstellung, verbunden mit Kartenausschnitten, ließe sich nüchtern nennen, doch all das, was da in kurzen Texten beschrieben wird, ist kaum zu ertragen. Bei aller Grausamkeit werden jedoch den Opfern ihre Namen gegeben. Es finden sich unter denen, die schwer misshandelt oder getötet werden, nicht nur Nazis, sondern auch zahlreiche Frauen und Kinder aus der deutschsprachigen Zivilbe- völkerung. Manche Tschechen erlit- ten das gleiche Schicksal, auch ein- zelne militärische Angehörige etwa der Roten Armee sind unter den To- ten… Das Grauen war in diesem Sommer vor mittlerweile 76 Jahren ist allgegenwärtig.
Padevět macht deutlich, wie sehr ihn die Arbeit am Buch mitgenom- men hat – und dass wohl noch nicht alle Fälle erfasst wurden.