Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Gewonnen und verloren
Us-zwischenwahlen: Republikanern bleibt Debakel erspart. Präsident Donald Trump nutzt die Gelegenheit und feuert Justizminister Jeff Sessions
WASHINGTON. Amerika hat gewählt und beugt sich entlang der ideologischen Gräben zwischen Erleichterung und Enttäuschung über die Ergebnisse. Im Mittelpunkt steht: Präsident Donald Trump kann in den verbleibenden zwei Jahren seiner Amtszeit nicht mehr mit doppelten Mehrheiten im Kongress durchregieren. Die Republikaner haben im Senat zwar ihre Macht ausgeweitet. Im Repräsentantenhaus geben aber künftig die Demokraten den Ton an. Was bedeutet das von den Demoskopen vorhergesagte Ende der konservativen Alleinherrschaft? Die wichtigsten Fakten:
Der Präsident
Donald Trump ist geschwächt und gestärkt zugleich. Geschwächt, weil er bei allen Gesetzen künftig im Repräsentantenhaus auf einen Gegner Rücksicht nehmen muss, den er zuletzt pauschal als „verrückt“oder „nicht regierungsfähig“bezeichnet hatte. Gestärkt, weil er seine erzkonservative Personalpolitik etwa an den Bundesgerichten fortsetzen kann, denn hier hat er eine noch solidere Mehrheit im Senat hinter sich. Allerdings muss sich Trump generell auf unbequeme Zeiten einstellen. Im Abgeordnetenhaus werden die Demokraten ihre neu gewonnene Aufsichtsbefugnis über die Regierung nutzen, indem sie in Ausschüssen und Anhörungen die komplette Amtsführung Trumps in die Öffentlichkeit zerren. Untersuchungen über mögliche Konflikte zwischen den Geschäftsinteressen Trumps (sowie seiner Familie) und dem politischem Amt sind programmiert.
Die Republikaner
Die Konservativen haben ihre Macht im Oberhaus ausgebaut. Begünstigt von der Tatsache, dass die Demokraten 26 von 35 Mandaten verteidigen mussten, hat die Partei strategisch wichtige Bundesstaaten wie Indiana, North Dakota, Missouri und Florida zurückerobert. Dort ist Trump unverändert populär.
Die Demokraten
Nach acht Jahren sind sie im „House“wieder an den Hebeln der Macht und könnten dem Präsidenten das Leben jeden Tag zur Hölle machen. Die designierte Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, wird aber versuchen, das Image der Demokraten als „Totalverhinderer“gar nicht erst aufkommen zu lassen. Es könnte die Wahlchancen 2020 erheblich schmälern. Bewusst äußerte sich Pelosi nicht zum Thema Impeachment. Sie weiß um die Kollateralschäden: Trumps Anhänger würden öffentliche Wut zelebrieren. Und tatsächliche Chancen, den Präsidenten aus dem Amt zu drängen, gibt es nicht. Trump könnte nur mit einer Zweidrittelmehrheit im Senat abgesetzt werden.
Die Wähler
Weiße, ältere Männer ohne College-abschluss gaben mehrheitlich den Republikanern die Stimme. Frauen, vor allem besser gebildete, bevorzugten die Demokraten. Afroamerikaner und Latinos tendierten noch stärker zu den Demokraten. Wie auch Erst- und Jungwähler (bis 39 Jahre). Die Republikaner bleiben im ländlichen Raum stark. In den Metropolen wird meist demokratisch gewählt.
Die Mobilisierung
Midterms gehören in Amerika zu den Ladenhütern der Demokratie. Dass sich mehr als 35 Prozent an die Wahlurnen begeben, kommt kaum vor. 2014 waren es 37 Prozent. Diesmal lag schon die Zahl der Frühwähler um 40 Prozent über dem Wert von vor vier Jahren. Trump hat mit seiner aggressiven Politik und Wähleransprache „in beiden Lagern viele Leute aus dem Sessel getrieben“, sagen Wahlforscher-
Die Frauen
So viele Frauen wie nie zuvor wurden selbst politisch aktiv und kandidierten für ein öffentliches Amt. Zentraler Auslöser laut Befragungen: Trumps Rhetorik und Stil – gerade gegenüber Frauen. Das führt nun dazu, dass der 116. Kongress, der sich im Januar konstituiert, so weiblich wie nie sein wird. Nach noch vorläufigen Berechnungen ziehen allein 99 Frauen in das Repräsentantenhaus ein, 31 davon zum ersten Mal. Die Demokraten haben die Nase vorn und können auf viele symbolstarke Erfolge verweisen. In Virginia setzte sich die Ex-cia-agentin Abigail Spanberger im Abgeordnetenhaus gegen den Trump ergebenen Republikaner Dave Brat durch; hier hatten die Demokraten vorher ein halbes Jahrhundert nichts zu lachen.
Das Ausland
Grundlegende Änderungen sind für das Ausland kurzfristig nicht zu erwarten. Sollte Trump innenpolitisch 2019 von den Demokraten blockiert werden, könnte es sein, dass er seine Aktivitäten im Ausland verstärkt. Hier hat er weitreichende Befugnisse. Für die Handelskriege mit China und der EU, den Streit mit der Nato über höhere Beiträge einzelner Länder und Krisenherde wie Nordkorea oder Iran hieße das nichts Gutes. „Mehr Alleingänge, mehr Machtposen Trumps könnten die Folge sein“, sagen Experten.
Der Justizminister
Hauptverlierer nach der Wahl ist Justizminister Jeff Sessions. In einem am Mittwoch veröffentlichten Schreiben von Sessions an Trump hieß es, er habe seinen Rücktritt auf Bitte des Präsidenten eingereicht. Die Amtsgeschäfte werden zunächst von Sessions’ Stabschef Matthew G. Whitaker übernommen