Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
... der Schuhlöffel
Tausendmal gesehen, tausendmal benutzt – viele Dinge im Haushalt erscheinen uns ganz selbstverständlich. Doch es lohnt sich, sie einmal genauer zu betrachten. Diese praktische Anziehhilfe erleichtert es einem, in Schuhe zu schlüpfen, ohne sich dabei zu bücken; der Fuß rutscht dabei über eine löffelartige Gleitschiene, die man zwischen Ferse und Hinterkappe des Schuhs hält, in seine Behausung. An Rückenschonung haben seine Erfinder aber wohl eher nicht gedacht. Vielmehr ging es darum, Strümpfe und Schuhwerk möglichst pfleglich zu behandeln, sodass sie einen guten Eindruck machen. Wer seine Schuhe mit einem Schuhlöffel anzieht, dehnt Leder und Schaft weniger und schützt die Strümpfe davor zu reißen. Nicht von ungefähr taucht der Schuhanzieher erstmals in der französischen und englischen Renaissance auf, einer Epoche, in der es für Männer en vogue war, Bein zu zeigen – Strumpfhosen und Schnabelschuhe waren im 15. und 16. Jahrhundert der letzte Schrei. Damals wurde die Anziehhilfe vorwiegend aus Rinderhorn produziert, weswegen sie in Großbritannien bis heute „shoehorn“heißt. Heute gibt es sie in unterschiedlichsten Ausführungen, lang oder kurz, aus schlichtem Metall oder edlem Buchenholz mit verchromtem Tierkopf.
Für den englischen Gentleman gehört die Anziehhilfe auch heute noch zur Garderobe – wie sollte er auch sonst in seine rahmengenähten engen Oxford-schuhe schlüpfen? Hierzulande dürfte sie, insbesondere bei jungen Menschen, nicht mehr ganz so gebräuchlich sein. Wer Sneakers trägt, braucht keinen Schuhlöffel – außer vielleicht später im Alter, wenn der Rücken nicht mehr mitmacht. (us)