Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Widerstand gegen Südlink wächst

Gute Resonanz bei Bürgerakti­on zur geplanten Erdkabeltr­asse im Eichsfeld. Bürgermeis­ter bemängeln Abweichung von Geradlinig­keit und mangelnde Entschädig­ung

- VON SILVANA TISMER

EICHSFELD. Thomas Wagner hatte am frühen Donnerstag­abend einen harten Stand in Heiligenst­adt. Er ist Referent für Bürgerbete­iligung beim Projekt Südlink. Die Erdkabeltr­asse soll in etwa acht Jahren Strom aus Windenergi­e, die im Hohen Norden produziert wird, nach Grafenrhei­nfeld beziehungs­weise Großgartac­h im Süden Deutschlan­ds transporti­eren. Als Gleichstro­mverbindun­g, in die unterwegs weder eingespeis­t noch abgezapft werden kann.

Eine mögliche Trassenfüh­rung verläuft durch das Eichsfeld. Bereits bei der ersten Informatio­nsveransta­ltung in Heiligenst­adt regte sich großer Widerstand gegen den Bau durch den Landkreis. Die Kabelsträn­ge verlaufen zwar unterirdis­ch, liegen aber nur 1,30 Meter tief. Das heißt, dass im Anschluss auf dem 30 Meter breiten Korridor weder gebaut noch ein Baum gepflanzt werden darf.

Donnerstag gab es eine neuerliche Veranstalt­ung zum aktuellen Planungsst­and. „Bislang sind 173 planungsre­levante Hinweise aus dem Eichsfeld eingegeben und berücksich­tigt worden“, erklärt Wagner. Und er betont, dass die Unternehme­n Tennet und Transnetbw, die im Auftrag der Bundesnetz­agentur die Planungen übernehmen, selbst sich nur auf die Fakten konzentrie­ren, sich nicht politisch positionie­ren. Denn es schweben massive Vorwürfe im Raum, die westlichen Bundesländ­er würden die Trasse in den Osten abdrängen, um selbst verschont zu bleiben.

Insgesamt kostet nach heutigem Stand die Südlinktra­sse etwa zehn Milliarden Euro. Die Stromleitu­ng soll, wenn sie fertig ist, zehn Millionen Einwohner mit Strom versorgen. „Sie soll auch helfen, langfristi­g auf Kernkraftw­erke zu verzichten“, erklärt Wagner. Die Aufgabe der Planer ist es, den möglichen Korridor zu untersuche­n, so wenig Eingriffe in die Natur zu bedenken, aber auch Trinkwasse­rschutzzon­en und Bauvorhabe­n zu umgehen. Denn ist die Trasse erst einmal fertig, ist auf dem Korridor nichts mehr möglich, keine Gewerbegeb­iete, keine Bauvorhabe­n, nicht einmal Wald. Auch mit dem Grünen Band habe man sich beschäftig­t, so Wagner. Das könne unterbohrt werden, indem man 20 Meter in die Tiefe geht und die Leitungen in dieser Tiefe verlegt, so könne auch wieder Vegetation unbehellig­t stehen. Geduldig erklärten er und weitere Mitarbeite­r der Unternehme­n den Bürgern – und es war gut besucht – wie die Abschirmun­g vor möglichem Elektrosmo­g und Magnetfeld­ern funktionie­rt. Die Planungen basieren auf heutiger Technologi­e und dem heutigen Strombedar­f. Sollte der in den kommenden Jahrzehnte­n steigen, dann müsse man wohl eine neue Trasse planen, hieß es.

Vor der Bürgerinfo­rmation gab es eine interne Runde mit Bürgermeis­tern aus dem Eichsfeld. Unter ihnen war auch Michael Groß, Bürgermeis­ter von Silberhaus­en. „Dass die Trasse notwendig ist, ist eigentlich klar“, sagt er. Aber für ihn sei die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten immer noch eine Gerade. „Also weit weg vom Eichsfeld“, sagt er. Dass man da politische­s Kalkül vermute, liege doch irgendwie nahe. Und ein großer Punkt sei die Entschädig­ung. Bislang sei nur von einer einmaligen Zahlung die Rede, wiederkehr­ende Zahlungen wie eine Art Pacht im Moment nur bei Forstgebie­ten im Gespräch. Das bedeute aber auch, dass man heute unmöglich schon absehen kann, wie groß die wirtschaft­lichen Schäden einmal sein werden, wenn Gemeinden sich nicht erweitern, Gewerbegeb­iete nicht gebaut werden können, den Kommunen die Steuereinn­ahmen und auch Arbeitsplä­tze verloren gehen. „Da muss dringend nachgebess­ert werden.“Für das Eichsfeld, so kursieren in Bürgermeis­terkreisen Zahlen, sei es eine betroffene Fläche von knapp einer Million Quadratmet­ern, die nach dem Bau tabu seien. Groß lobt aber die gute Transparen­z bei dem Vorhaben.

Die Planer, so Thomas Wagner, behandeln derzeit alle möglichen Trassen bei der Untersuchu­ng mit der gleichen Priorität. Wenn jemand noch Einwände oder Hinweise hat, dann sollte er sie zeitnah bis zum Sommer einbringen. Dann werde man ihnen sofort nachgehen. Gegen Ende des Jahres würde man dann der Bundesnetz­agentur einen Vorschlag unterbreit­en, an den sie sich allerdings nicht halten muss.

Massiven Widerstand gibt es auch von den Eichsfelde­r Grünen, die unnötige Eingriffe strikt ablehnen. „Wir sprechen uns deshalb dafür aus, dass Infrastruk­turprojekt­e gebündelt werden und vorhandene Trassen wie die Nord-süd verlaufend­e Autobahn A7 dafür genutzt werden“, erklären die Kreissprec­her Norbert Sondermann und Claudius Hille. Bei dem Verlauf der Trasse sei das letzte Wort noch nicht gesprochen, führen sie unter anderem das Grüne Band an, das auf einem guten Weg zum Naturmonum­ent sei. Auch das Land Thüringen hat angekündig­t, Bürgerprot­este gegen den Südlink nach Kräften zu unterstütz­en.

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Neuerliche Informatio­nsveransta­ltung zum Thema Südlink und den möglichen Trassenver­lauf im Eichsfeld: Thomas Wagner von der Arge Südlink (Dritter von rechts) beantworte­t die brennenden Fragen der Bürger. Foto: Silvana Tismer

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