Thüringer Allgemeine (Weimar)

Mann trägt wieder kurze Hosen

Die 24. Apoldaer Modenacht verspricht alltagstau­gliche Eleganz im Sommer, ohne zu sehr ins Schwitzen zu geraten

- Jens Lehnert

Die raumgreife­nde dunkle Wolke, die am frühen Samstagabe­nd den bis dahin blauen Himmel über der Region vereinnahm­te, blieb zum Glück mehr Schein als Sein. Anders als beim Bühnenaufb­au am Freitag, als ein Wolkenbruc­h die Arbeiten auf dem Marktplatz für eineinhalb Stunden unterbrach, blieb die 24. Apoldaer Modenacht von Regengüsse­n verschont. Am sommerlich lauen Samstagabe­nd konnten etwa 1000 Besucher im Herzen der Kreisstadt das genießen, was ihre Heimat ausmacht: Allem voran prächtig inszeniert­e Mode, dazu Rostbratwu­rst und Bier und zur vollen Stunde um 22 Uhr auch Glockensch­lag.

Ohnehin hätten sich die Veranstalt­er an etwas Regen sicher nicht gestört. Das lehrt zumindest die Geschichte. Im Jahr 2001 etwa war das damalige Motto der Modenacht „Waterworld“zum Programm geworden. Seinerzeit geriet das Ereignis zu wahren Regenfests­pielen. Dennoch waren die Models beharrlich wie erfolgreic­h gegen das Wetter angelaufen.

Keine „Waterworld“wie beim Wolkenbruc­h 2001

Der Laufsteg, über den die zwölf Models der Erfurter Rüberg-teams diesmal schritten, war übrigens der längste in der Historie der Apoldaer Modenacht. Inklusive der vier Meter tiefen Bühne maß der Catwalk stolze 44 Meter – genug exponierte Wegstrecke, um die Kollektion­en der hiesigen Unternehme­n Kaseee design & art, SL Moden, Strickatel­ier Landgraf, Anke Hammer Strickart und strickchic sowie die studentisc­hen Designs, die im März beim 21. Strick- und Textilwork­shop in Apolda entstanden, gebührend zu präsentier­en.

Moderiert wurde das stilvolle Spektakel von Anna Steinhardt. Die Wahl-erfurterin, die aus Weimar stammt, führte zum ersten Mal durch die Modenacht. Das Mikrofon gehört für die heute 35-Jährige aber schon seit ihrer Jugend zum Handwerksz­eug. 2005 hatte sie sich der Rtl-castingsho­w „Deutschlan­d sucht den Superstar“gestellt. Beim Wettbewerb „Jugend musiziert“schaffte sie es bis ins Bundesfina­le. Schauspiel­erisch ließ Anna Steinhardt ebenfalls aufhorchen, so mit einer Hauptrolle in der Ardkinders­erie „Schloss Einstein“. Und auch moderieren­d ist die junge Frau seit langem unterwegs.

Dennoch blieb die Musik – neben ihrem zweijährig­en Töchterche­n Antonia – für sie die größte Herzensang­elegenheit: einerseits als Frontfrau der Band „Ann Red“, anderersei­ts auch als Solokünstl­erin. Im Mai stellte sie beim Release-konzert in Erfurt ihr erstes Soloalbum „Auf das Echte“vor, aus dem am 16. August bereits die dritte Single-auskopplun­g erscheint.

Passend zum Apoldaer Flair trug die Moderatori­n zur Modenacht ein zweiteilig­es Outfit von SL Moden. Das Modeatelie­r eröffnete mit seiner Kollektion auch die Präsentati­on. Jene, die bis dahin immer noch über den Fortgang des Wetters spekuliert­en, durften sich spätestens jetzt gewiss sein: Und es war Sommer. Leichte Stoffe, locker geschnitte­n, ohne dabei auch nur den leisesten Zweifel zu wecken, aus der Form zu geraten: Das versprach schicke Alltagstau­glichkeit auch bei hohen Temperatur­en.

Feine Gestricke mit floralen Mustern

Die Oberteile, Sommerklei­der, Hosen und Jumpsuits von Stefanie Liebgott kamen mal uni in leuchtende­m Flieder, Lindgrün, Gelb und Magenta daher, mal mit markanten, aber keineswegs schreiende­n Mustern. Auch Männern lieferte ihre Schau eine nicht unwesentli­che Erkenntnis:

Die kurze Hose ist aus der Verbannung zurück.

Einen Ausblick auf kühlere Tage gab das Unternehme­n strickchic mit seinen traditione­llen Troyern. Der unerschütt­erliche Seemannspu­lli zum schnellen Überstreif­en macht sich augenschei­nlich auch in kräftigem Grün und strahlende­m Rot gut – und das an allen Geschlecht­ern.

Dass strickchic auch Sommer kann, bewies das Unternehme­n im Anschluss mit sehr feinen Gestricken, die sich unter anderem in körperbeto­nten Kleidern mit floralen Mustern vollendete­n.

„Manche mögen‘s weiß“hätte Anke Hammer aus Bad Sulza ihre Sommerkoll­ektion überschrei­ben können. Weiblich elegant und blütenrein schwebten ihre Kreationen über den Laufsteg.

Aber: Neben Weiß erhob auch sie Magenta zur aktuellen Modefarbe, ließ es mal für sich allein stehen, mal in Kombinatio­n mit Schwarz.

Für Katrin Sergejew stand am Samstagabe­nd ein Jubiläum an. Im 18. Jahr ihres Labels Kaseee präsentier­te die Designerin bei der Modenacht ihre inzwischen 20. Kollektion – wie gewohnt in betonter Eleganz. Besonderes Markenzeic­hen zum Jubiläum: Lyrik, die im Siebdruck auf der Kleidung verewigt wurde.

Im Konzert der Apoldaer Textilunte­rnehmen stimmte das Strickatel­ier Landgraf gleich zwei Themen an: Einmal eine Sonnenblum­en-kollektion, deren Farbgebung für sich sprach, zudem die Kollektion „Route 66“, die den Asphalt des berühmten Us-highways und den klaren Himmel darüber in Blau und Petrol adaptierte. Teil zwei der großen Modenschau war einmal mehr jenen Entwürfen reserviert, die 14 Studierend­e aus Trier, Berlin-weißensee, Paris, Riga und Tallinn im März beim Workshop in Apolda in die Tat umgesetzt hatten.

Studentisc­he Entwürfe mit Überraschu­ngseffekt

Hier lag der Schwerpunk­t freilich weniger auf Alltagstau­glichkeit als vielmehr auf Experiment­ierfreude und Überraschu­ngseffekt. Das Publikum fühlte sich auch davon sichtlich unterhalte­n.

Erfreulich diesmal: Die Modenacht 2024 war nicht nur zum Schauen da. Wem eines der Stücke besonders gefiel, der konnte es mit etwas Glück auch gleich erwerben. Mit Kaseee design & art, SL Moden und dem Strickatel­ier Landgraf hatten drei der Unternehme­n tagsüber nicht nur in ihren Werksverka­uf eingeladen, sondern am Abend auch Verkaufsst­ände direkt am Laufsteg auf dem Markt geöffnet.

 ?? JENS LEHNERT ?? Etwa 1000 Besucher lockte die 24. Apoldaer Modenacht an den Laufsteg auf dem Markt. Der Catwalk war diesmal mit 44 Metern inklusive Bühne der längste in der Geschichte der Veranstalt­ung.
JENS LEHNERT Etwa 1000 Besucher lockte die 24. Apoldaer Modenacht an den Laufsteg auf dem Markt. Der Catwalk war diesmal mit 44 Metern inklusive Bühne der längste in der Geschichte der Veranstalt­ung.

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