Wie lange bleiben die Schulen auf?
Kmk-chefin hält an Präsenzunterricht fest – Lehrer und Schüler fordern Omikron-plan
Berlin. Was Corona für den Schulalltag bedeuten kann, haben die nunmehr fast zwei Jahre Pandemie gezeigt. Die vielen Wochen, in denen die Klassenzimmer wegen der Ansteckungsgefahr verschlossen blieben und die Schüler alleine zu Hause lernen mussten, hatte gravierende Folgen. Es kam zu massiven Lernrückständen, zum Verlust sozialer Kontakte und vielfach zu seelischen Beeinträchtigungen.
Nun steht mit der Virusvariante Omikron die nächste Pandemiewelle bevor. Der mutierte Corona-erreger breitet sich rasend schnell aus. Doch die Politik will verhindern, dass es für die Schülerinnen und Schüler noch einmal so hart kommt wie in der Vergangenheit.
Die Kultusministerkonferenz (KMK) will an diesem Mittwoch beraten, wie sich der Schulbetrieb in den Klassenzimmern auch in den bevorstehenden Omikron-wochen sicherstellen lässt. Schülervertreter und Lehrerverbände fordern die Politik eindringlich dazu auf, entsprechende Vorkehrungen zu treffen.
Für die Kmk-vorsitzende, die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU), steht bereits fest, dass Homeschooling nur noch im äußersten Notfall eine Lösung sein darf: „Der Präsenzunterricht
hat Priorität“, da sei sich die KMK nach wie vor einig, sagte Prien unserer Redaktion. „Wichtig ist, dass wir die Schulen nicht als Erstes, sondern als Letztes schließen. Auch wenn sich die Pandemie durch eine neue Virusvariante verändert, müssen wir die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen besser im Blick haben als bisher.“Das bedeute, dass die Schulen erst dann geschlossen würden, „wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind“. Eine wichtige Rolle spielt hier nach Priens Worten das Impfen. Sie appelliere an alle Erwachsenen – „nicht nur Lehrkräfte, sondern auch Eltern“–, Impfangebote wahrzunehmen. Im Unterschied zu früheren Pandemie-wellen können sich inzwischen auch die Jüngeren gegen den Covid-erreger schützen. Auch das dürfte in den nahenden Omikronwochen helfen. Laut Robert-kochinstitut (RKI) ist aktuell etwa jeder Zweite im Alter zwischen 12 und 17 Jahren doppelt gegen das Virus geimpft (52,9 Prozent).
Zwar ist dieser Wert deutlich niedriger als bei Erwachsenen. Allerdings gibt es für 12- bis 17-Jährige erst seit August letzten Jahres eine entsprechende allgemeine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko). Kindern im Alter von fünf bis elf Jahren wird nur im Fall von Vorerkrankungen ausdrücklich zu einer Covid-impfung geraten. Das gab die Stiko Anfang Dezember bekannt. Nach ärztlicher Beratung können aber auch alle anderen Kinder in diesem Alter immunisiert werden. 446.808 sind es laut RKI bislang.
Die Vorsitzende des Deutschen Philologenverbands, Susanne Linklitzing, forderte von den Kmk-beratungen einen bundesweit einheitlichen Stufenplan, um den Schulbetrieb bei hohen Ansteckungszahlen unter Pädagogen und Schülern zu regeln. Der Plan müsse festhalten, „ab wie viel Prozent Quarantäne von Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern weiter voller Präsenzunterricht geleistet werden kann“, sagte Lin-klitzing unserer Redaktion. Einheitliche Kriterien wie Inzidenz, Impfquote und Hospitalisierungsrate gewährleisteten ein regional angepasstes Handeln im Schulbereich.
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-peter Meidinger, betonte, die KMK dürfe sich nicht darauf beschränken, nur immer ihr Ziel zu wiederholen, am Präsenzunterricht festzuhalten zu wollen. Eltern, Lehrkräfte und Schüler wollten wissen, „was die Kultusminister zu tun gedenken, wenn tatsächlich eine große Omikron-welle durch die Schulen rollen sollte“, sagte Meidinger unserer Redaktion. Es gebe viele mögliche Instrumente jenseits von Schulschließungen, etwa Maskenpflicht, tägliche Testungen und Abstandsregeln in Schulen. Ob man dagegen mit den jetzigen Maßnahmen die Schulen dauerhaft offen halten könne, wenn das hochinfektiöse Omikron-virus zuschlage, sei zu bezweifeln.
Schülervertreter beklagen derweil eine weiterhin mangelnde technische Ausstattung für den Distanzunterricht und fordern daher, am Unterricht vor Ort festzuhalten. „Schülerinnen und Schüler wollen, dass die Schulen offen bleiben“, sagte Katharina Swinka, Generalsekretärin der Bundesschülerkonferenz, auf Anfrage. „Der digitale Unterricht ist einfach immer noch nicht so weit, wie er sein sollte“, kritisierte sie. So bräuchten Lehrkräfte Fortbildungen für den Digitalunterricht.
Überdies verlangte Swinka für Kinder und Jugendliche weiterhin regelmäßige Testmöglichkeiten: „Täglich für diejenigen, die nicht geimpft sind, mindestens dreimal die Woche für die Geimpften.“Die Politik müsse dies gewährleisten.
„Schülerinnen und Schüler wollen, dass die Schulen offen bleiben.“
Katharina Swinka, Generalsekretärin der Bundesschülerkonferenz