Mit Yoga gegen den Lockdown-blues
Neue Studien zeigen, was das Wohlbefinden positiv beeinflussen kann
Berlin. Wie sehr die Corona-pandemie die Menschen in Deutschland belastet, ist mehrfach untersucht worden. Zuletzt berichteten Teilnehmer einer Studie der Universität des Saarlandes von Stress, steigender emotionaler Erschöpfung und depressiven Symptomen. Im Vergleich zum ersten Lockdown 2020 habe sich die Situation deutlich verschärft.
Professor Bertolt Meyer, Arbeits- und Wirtschaftspsychologe an der Technischen Universität in Chemnitz, wollte mehr wissen: Von April bis Juli 2020 analysierten er und sein Team nicht nur, was den Menschen während des ersten Lockdowns Probleme bereitete, sondern auch, was ihnen half, Stress und Belastungen zu verringern. Nach der Befragung von 2900 Männern und Frauen kamen sie zu folgenden Ergebnissen: Das eigene Gesundheitsverhalten, die sogenannte Selbstsorge, hatte am effektivsten die emotionale Erschöpfung verringern können, gefolgt von sozialer Unterstützung in Partnerschaft und Umfeld.
Das eigene Verhalten also: „Menschen, die in Bezug auf ihre Gesundheit über ein hohes Maß an Aufmerksamkeit verfügen, bemerken eher, wenn sie sich überlasten. Sie denken über mögliche Ursachen nach und leiten daraus Verhaltensweisen ab, die der körperlichen und geistigen Gesundheit guttun“, kommentierte die Techniker Krankenkasse die Studie aus Chemnitz.
„Man merkt sehr schnell, dass es dem Körper besser geht“
Eine Antwort auf die Frage, was Wohlbefinden und Stress im Alltag nachweisbar beeinflussen können, liefert eine weitere Studie der TU Chemnitz. Psychologin Karin Matko hat dabei untersucht, was eine Kombination aus körperlichem und geistigem Training, von Yoga und Meditation, bewirken kann. Die Studie ist als Preprint erschienen und befindet sich aktuell im Prozess der Begutachtung.
Über einen Zeitraum von acht Wochen analysierten und befragten Matko und Kollegen vier Gruppen von Probanden. Eine machte täglich 20 Minuten Meditation,
eine weitere meditierte, informierte sich aber auch über den spirituellen Hintergrund und reflektierte das eigene Verhalten. Die dritte Gruppe machte Yoga und meditierte ohne Bezug zu spirituellen Grundlagen, die vierte kombinierte alles – Yoga, Meditation, Ethik und Selbstreflexion. Täglich wurden die über 40 Studienteilnehmer online befragt. Einmal pro Woche gab es ein Treffen samt Übungen und Gesprächen.
Das Wohlbefinden, berichtet die Psychologin, sei vor allem bei jenen Probanden gestiegen, die Meditation mit Selbstreflexion kombiniert hatten. Sie hatten sich mit negativen Verhaltensmustern beschäftigt sowie der Frage, wie sich diese ändern ließen. „Diese Menschen fühlten sich frischer und entspannter. Ihre Tage waren häufiger von Freude und interessanten Dinge erfüllt“, berichtet Matko. Der Stresslevel hingegen sei am stärksten bei jenen gesunken, die Yoga und Meditation kombiniert hatten. „Es ist erwiesen, dass Yoga eine sehr beruhigende Wirkung hat, auch auf das vegetative Nervensystem“, sagt Matko.
Dass viele der Probanden auch ein Jahr nach Ende der Studie dem Yoga treu geblieben waren, wie Nachbefragungen zeigten, hat selbst Matko überrascht. Die Übungen hätten offenbar auf viele Menschen einen direkten Einfluss. „Yoga scheint sehr gut zu den aktuellen Bedürfnissen unserer Gesellschaft zu passen. Man merkt schnell, dass es dem Körper besser geht“, so die Psychologin.
Bei der Meditation sei diese Konstanz meist ausgeblieben. „Viele haben erklärt, dass sie zwar gelernt hätten, ihre Gedanken positiv zu beeinflussen, dass sie dafür aber nicht täglich zu meditieren brauchten“, sagt Matko. Sie hätten nur dann darauf zurückgegriffen, wenn es ihnen schlecht gegangen sei.
In Zeiten von Lockdown-stress und -Erschöpfung wirbt auch Karin Matko dafür, sich gut zu beobachten und bewusst Pausen einzulegen. Wenn die Konzentration im Homeoffice abschweife oder die Vermischung von Job und Familie die Nerven strapaziere, könnten Yogaübungen (s. Fotos) oder kurze Meditationen den Geist entlasten.