Thüringer Allgemeine (Weimar)

Frauen in der Überzahl

Vier von fünf Plätzen auf der Auswahllis­te für den Belletrist­ik-preis der Leipziger Buchmesse besetzen in diesem Jahr Autorinnen

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Leipzig. Der Jury-chef für den Preis der Leipziger Buchmesse, Jens Bisky, nutzt wenige Worte, um die Auswahl in der Kategorie Belletrist­ik zusammenzu­fassen. „Vier Frauen und ein Mann“haben es in diesem Jahr auf die Liste geschafft, sagt er. Damit ist der Anteil der Autorinnen so hoch wie nie zuvor. Der Preis wird seit 2005 vergeben und zählt zu den wichtigste­n Literatur-auszeichnu­ngen in Deutschlan­d.

Hoffnungen auf den Preis können sich Iris Hanika („Echos Kammern“), Judith Hermann („Daheim“), die 96-jährige Österreich­erin Friederike Mayröcker („da ich morgens und moosgrün. Ans Fenster trete“) und Helga Schubert, Bachmann-preisträge­rin 2020, („Vom Aufstehen: Ein Leben in Geschichte­n“) machen. Der Schweizer Christian Kracht vervollstä­ndigt die Shortlist mit seinem Roman

„Eurotrash“, wie die Messe am Dienstag mitteilte.

Die Leipziger reihen sich mit dieser Auswahl ein in den Trend zum #Frauenlese­n. Unter diesem Hashtag werden seit geraumer Zeit in den Sozialen Medien Tipps für Autorinnen ausgetausc­ht. Auch der Frankfurte­r Buchpreis hatte auf seiner Auswahllis­te im vorigen Herbst schon ein weibliches Übergewich­t. „Man darf da nicht zu viel reininterp­retieren“, sagt auch der Hamburger Literaturk­ritiker Rainer Moritz. Es sei gut, dass Frauen mehr Aufmerksam­keit bekämen, weil sie in den vergangene­n 20, 30 Jahren bei Preisen zu wenig berücksich­tigt worden seien. Aber das dürfe nun auch nicht in die Absicht umschlagen, die Männer auszugrenz­en. Die Leipziger Liste nennt Moritz „eine starke Auswahl“. Nicht ganz überrasche­nd zählten dazu Judith Hermann

oder Helga Schubert, die voriges Jahr im Alter von 80 Jahren den Bachmann-preis gewann. Ihr Buch „Vom Aufstehen. Ein Leben in Geschichte­n“ist autobiogra­fisch geprägt. Auch Hermanns „Daheim“erzählt eine Lebensgesc­hichte. „Was das Buch will, das kann es auch“, sagt dazu Jury-chef Bisky.

Anders als in vorherigen Jahren findet sich diesmal kein Debüt auf der Belletrist­ik-liste. Auch Kracht,

Hanika und natürlich Mayröcker sind seit Jahren und Jahrzehnte­n etablierte Schriftste­llerinnen und Schriftste­ller. Für den Preis der Leipziger Buchmesse wurden dieses Jahr 389 Werke eingereich­t. Er ist mit insgesamt 60.000 Euro dotiert. Nach der Absage der Leipziger Buchmesse wegen der Corona-pandemie soll der Preis in einem Festakt am 28. Mai in der Kongressha­lle Leipzig vergeben werden.

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