Thüringer Allgemeine (Weimar)

Ein Anfang zur Rettung der Uhrdaer Linden

Das Oval, auf dem im Herbst ein mittelalte­rlicher Münzenscha­tz gefunden wurde, soll ein Wanderziel werden

- Von Michael Grübner

Vollradisr­oda. Der erste Schritt zur Rettung der „Uhrdaer Kopflinden“ist getan: Ende Februar befreite der Landschaft­sarchitekt und Baumpflege­r André Backhaus mit drei Helfern, zwei Hebebühnen und einem Rückepferd die Bäume auf dem Oval im Döbritsche­r Pfarrholz bei Vollradisr­oda von einem Großteil ihrer Austriebe. Mit dieser ersten Notsicheru­ng bewahrte er die noch vorhandene­n Bäume vor dem Auseinande­rbrechen. Für 3 der 17 Bäume (16 Linden und eine Hainbuche) kam jede Hilfe zu spät, sie sind abgestorbe­n und liegen als Totholz auf der Fläche. „Wir stehen aber erst am Anfang dessen, was zu tun ist“, sagt Revierförs­ter Falko Resch. „Wenn es ein 100-Meter-lauf wäre, sind wir jetzt bei 15 Metern.“

Resch interessie­rt sich schon lange für dieses besondere Oval in seinem Revier, das offenbar von Menschen gezielt angelegt wurde und in dem er eine kulturhist­orische Bedeutung vermutete. Lange Zeit stieß seine Suche nach Unterstütz­ern auf wenig Resonanz. Dann aber rückte das Waldstück quasi über Nacht ins Licht der Öffentlich­keit: Die Jägerin Katjana Hesse aus Niedersynd­erstedt war eine der Ersten, die Resch helfen wollte. Als sie im November auf seine Bitte Löcher für Pfähle graben wollte, förderte sie ein Tongefäß mit mehreren hundert mittelalte­rlichen Münzen zu Tage, den „Uhrdaer Lindenscha­tz“. Der Jenaer Wissenscha­ftler Gottfried Jetschke hält einen Zusammenha­ng mit der nahen Wüstung Uhrda für denkbar: Das kleine Dorf wurde (wie viele andere im Weimarer Land) im Sächsische­n Bruderkrie­g von 1446 bis 1451 zerstört und danach von den Bewohnern aufgegeben. Die Münzen könnte damals jemand vergraben haben, um sie in Sicherheit zu bringen.

Die Linden selbst sind deutlich jünger, sie wurden vor rund 250 Jahren gepflanzt – damals lag das Oval, wie Jetschke anhand alter Karten herausfand, am Südrand des Waldes und könnte ein Rastplatz gewesen sein, mit weitem Blick übers Land. Durch Aufforstun­g wuchs der Wald später um das Oval herum.

Der Wald gehört der Evangelisc­hen Kirche Mitteldeut­schland. Deren Forst-referentin Susann Biehl ist sich mit Resch sowie allen weiteren Beteiligte­n einig darüber, was aus den „Uhrdaer Kopflinden“werden soll: ein Wanderziel, zu dem ein beschilder­ter Weg vom Parkplatz Vollradisr­oda durch den Wald heraufführ­t. Mit Bänken sowie mehreren Informatio­nstafeln über den Ort und den hier gefundenen Schatz. „Hier könnten zum Beispiel Schulklass­en beispielha­ft nacherlebe­n, was Wald kann. Wie er wächst, wie alt er wird“, so Resch.

Die nächsten Schritte auf dem Weg dorthin sind klar: Zunächst ist die Fläche von dem im Februar abgeschnit­tenen Kronenholz zu bereinigen. Danach wird Rindenmulc­h auf der Fläche verteilt, um ein schnelles Begrünen zu verhindern. Fünf Bäume brauchen nach Berechnung­en des Sachverstä­ndigen Ralf Günther eine statische Sicherung. Die bekommen sie entweder über Haltebände­r, die an anderen Bäumen oder mit Erdankern im Boden befestigt werden. Oder es werden Holzrahmen gebaut, wie man sie oft bei jungen Bäumchen entlang von Straßen sieht – nur eben entspreche­nd größer.

Für die drei toten Bäume sind Nachpflanz­ungen angedacht, die auch schon eine entspreche­nde Größe aufweisen müssen. Als letzter Schritt soll im Spätherbst ein Kronenschn­itt folgen – dann kürzt André Backhaus die Triebe herunter, maximal 50 Zentimeter bis ein Meter verbleiben.

Rund 25.000 Euro, schätzt Resch, werde die Baumrettun­g kosten. Nachdem er vergeblich einen Weg gesucht hatte, irgendwohe­r Fördermitt­el dafür zu bekommen, ist inzwischen klar: Es geht nur über Spenden. Rund 10.000 Euro sind bereits eingesamme­lt. Nicht nur für Geld ist der Förster dankbar, sondern auch Helfer für freiwillig­e Arbeitsein­sätze kann er jederzeit gebrauchen.

Informatio­nen und Bankverbin­dung für Spenden gibt es über Telefon 0361 / 5 73 91 32 08 oder 0172 / 3 48 02 23.

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FOTO: MICHAEL GRÜBNER Forstamt, Forstbetri­ebsgemeins­chaft Vollradisr­oda, Landeskirc­henamt und Fachuntern­ehmen trafen sich am Dienstag zu einem Vor-ort-termin bei Vollradisr­oda.

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