Ein Karneval von A bis Z
Nicht zu übersehen war beim Magdalaer Umzug Jeannette Lorenz-büttner. Die Pfarrerin war von einem Kirchturm samt Glocke und Kreuz behütet und sammelte mit ihrem Mann Spenden für den realen Turm von St. Johannis. In herrlichsten Reimen animierte sie die Narren, nicht alles Geld zu versaufen, wie es schon beim christlichen Ursprung des Karnevals mit Völlerei und Festen nicht unüblich war und schloss ihren Beitrag entsprechend mit „Amen und Prost!“.
Und wer fiel sonst noch auf? Natürlich die wortgewandten Moderatoren Ines Seydewitz und Enrico „Campa“Strehl. Ihre Texte steckten in einer alten Zeugnis-mappe. Für gestern dürfte die Notengebung durch die Narren wieder eindeutig sein: Sehr gut – weitermachen! 4. März 1919. „Volkszeitung für Sachsen-weimar-eisenach“, 14. Jahrgang:
Die Wahlagitation gestaltete sich durch die stockende Eisenbahnverbindung recht umständlich, schwierig und teuer. Trotzdem wurden während der beiden letzten Wochen in zahlreichen Orten des Weimarischen Kreises Wählerversammlungen für die Sozialdemokratische Partei veranstaltet, die fast überall gut besucht waren und stets einen guten Verlauf nahmen. Zu den Verkehrsschwierigkeiten kommt in vielen Orten der Lichtmangel in Folge der Stilllegung der elektrischen Werke durch den Streik. Magdala. Den Wind, der durchs Städtchen blies, hätten die Magdalaer Narren gestern nicht benötigt, um in Fahrt zu kommen. Ausgelassen feierten sie zu Hunderten an den Straßenrändern beim Umzug des Magdalaer Carneval-clubs (MCC). Mit diesem krönte er seine 62. Saison.
Zur Feier des Tages läutete die Glocke der Rathaus-uhr, die im Vorjahr noch verspottet wurde, weil sie so oft stumm ist. Kurz darauf erreichte der erstmals an diesem Tag angestimmten Schlachtruf „Madel in Tritte!“die berittene Spitze des Zuges mit 27 Bildern das Rathaus.
Der Elferrat forderte auf seinem mit roten Warnwesten geschmückten Wagen mehr Personal für den Kindergarten, einen Fahrradweg nach Mellingen und einen Geldautomaten im Rathaus. Andere Narren reimten – im Schotten-look verkleidet: „Magdala kann es wie Großbritannien allein und muss nicht in die Landgemeinde rein!“
Die Prinzengarde, die einen Neuzugang verbuchen konnte, kam mit einem riesigen Fass „Gardebräu“daher. Die Elferrats-frauen waren mit mehreren Kindern als „affengeile“Truppe in entsprechenden Kostümen unterwegs. Tierisch gut drauf war auch das „Allstar Desaster“: Auf und hinter dem Wagen mit der Aufschrift „Mcc-bauernhof“tummelte sich alles, was an Federvieh und Vierbeinern zum Landleben dazugehört. Mittendrin im Zug waren MCC-CHEFkoch Marcel Rahn und seine Familie zu sehen. Als lustige Hühner „Kentucky Fried Chicken“hatten sie bei der Festsitzung am Samstag den Kostümwettbewerb gewonnen und durften sich in den Umzug einreihen. Ein Tier, nämlich ein Wolf, war zwar auch mit dem Kindergarten „Schwalbennest“auf den Beinen. Das Bild der Kinder und Erwachsenen zeigte aber Märchenfiguren.
Die Helfer hinter den MCCKulissen waren als Sträflinge unterwegs, weil sie zu sexy seien. Das Einlass-team ging offline und präsentierte mit Arzt, Friseur, Bäcker und Fleischer alles, was die Magdalaer nicht im Internet erledigen müssen, sondern im Städtchen finden. Inhaltlich passend waren Gerlinde