Kerber feiert ihren Neustart
Tennisstar zieht bei den Australian Open ins Halbfinale ein. Trainerwechsel zahlt sich aus
Melbourne. Man braucht dieser Tage gar nicht lange, um zu erkennen, was Angelique Kerber wieder stark macht. Und worin der Plan besteht, den sie gemeinsam mit dem Neuen an ihrer Seite entwickelt hat, mit dem belgischen Trainerstrategen Wim Fissette. Auch als Kerber in nur 51 Minuten die Amerikanerin Madison Keys mit 6:1 und 6:2 vom Centre Court in Melbourne scheuchte, war sie wieder die wirklich bestimmende Kraft in diesem Viertelfinalduell.
Kerber wartet neuerdings nicht mehr auf die Fehler ihrer Gegnerinnen, sie ergreift selbst die Initiative, ist die Aggressorin. Sie lauert nicht weit, sondern knapp hinter der Grundlinie, nimmt die Bälle früh auf, kontert hart, präzise und methodisch. Genau so, wie Fissette es will. Und genau so, wie sich auch Kerber ihr Spiel idealer Weise vorstellt. „Wir haben lange gesprochen über unsere Vorstellungen“, sagt Kerber, „und dann haben wir einen Plan entwickelt. Und nach diesem Plan spiele ich jetzt auch.“
Und zwar so erfolgreich wie in jenen Tagen, als Kerber sich im Tennis-wunderland befand. 2016 war das, und diese abenteuerlich schöne Reise begann damals in Melbourne, mit dem Sensationstriumph gegen Serena Williams. An der Seite von Fissette könnte sich der Grand Slam-coup nun wiederholen, zwei Siege war Kerber nach dem Erfolg gegen Keys noch vom Krönungsakt entfernt – dank guter Insider-ratschlägen von Fissette, der mit seinen 37 Jahren bereits eine ansehnliche Trainerbiografie vorzuweisen hat. Auch die rumänische Weltranglisten-erste Simona Halep trainierte er schon einmal,.
Eine lange Anlaufzeit haben Kerber und Fissette nicht gebraucht, um eine erstaunliche Rückkehrmission auf den Centre Court zu zaubern. Bei den Australian Open wirkt die ehemalige Weltranglisten-erste drahtiger, zäher, wendiger und fitter als je zuvor. Bis zum Einzug ins Halbfinale hatte sie nun schon 14-mal ungeschlagen die Courts verlassen und zwischenzeitlich auch schon einen Turniererfolg in Sydney gefeiert. Und eins war, vor allem anderen, zu sehen: Kerbers Schwäche, der zu langsame, oft nicht dynamische und selbstbewusste Aufschlag, war schlicht keine Schwäche mehr. (jal)