Regierung in Prag tritt zurück
Prag. Der tschechische Ministerpräsident Andrej Babiš hat wie angekündigt offiziell den Rücktritt seiner Regierung eingereicht. Das Minderheitskabinett seiner populistischen Bewegung ANO (Deutsch: Ja) hatte vor einer Woche die Vertrauensabstimmung im Parlament verloren. Präsident Miloš Zeman nahm das Gesuch am Mittwoch an. Er beauftragte den 63-Jährigen zugleich mit neuerlichen Gesprächen zur Bildung einer Regierung und der kommissarischen Führung der Amtsgeschäfte. Die übrigen Parlamentsparteien weigern sich bisher, in eine Regierung mit Babiš an der Spitze zu gehen. (dpa) Berlin. Die Regierungsbildung zieht sich hin – und jetzt bekommen Union und SPD mächtig Druck aus der Wirtschaft. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) macht Front gegen das Sondierungspapier der beiden Parteien. „Union und SPD enttäuschen die Wirtschaft mit einem äußerst mageren Sondierungsergebnis, das nur ein Minimum erwartbarer Vorschläge anbietet“, sagt Bdi-präsident Dieter Kempf dieser Redaktion.
Auf zentralen Feldern vermisst der BDI „Ambition und Gestaltungskraft“. Kempf mahnt: „Die künftige Regierung muss mehr Wirtschaft wagen – in der Digitalisierung, beim internationalen Steuerwettbewerb und in der Energiewende.“Der mächtige Industrieverband moniert beispielsweise, dass in der Sozial- und Rentenpolitik die öffentlichen Haushalte und die Unternehmen weiter belastet würden. Das Sondierungsergebnis lasse außerdem „Wertschätzung“für Industrie, Unternehmen und Mittelstand vermissen. Es sind ungewöhnlich harte Worte, die der Bdi-präsident findet. Er ruft Union und SPD dazu auf, das Paket der Vereinbarungen noch einmal aufzuschnüren, um „ganz neue Inhalte und Impulse“zu ergänzen.
Auch die SPD hatte nach ihrem Sonderparteitag verlangt, das Sondierungsergebnis neu zu bewerten – allerdings aus anderen Gründen: Die Sozialdemokraten wollen der Union Zugeständnisse bei den befristeten Arbeitsverträgen und der Gesundheitspolitik abtrotzen, die nicht im Sinne der Wirtschaft sein dürften. Die Industrie hat klare Vorstellungen, wie die Verhandlungen in den kommenden Wochen ablaufen sollen. „Entscheidend ist, dass die Groko-verhandlungen nicht zur reinen Abwehrschlacht gegen Wünsch-dir-was-ansprüche mutieren“, verlangt Kempf. Wer eine erfolgreiche Zukunft der deutschen Wirtschaft wolle, dürfe nicht nur verwalten, sondern müsse auch gestalten. Die wichtigsten Punkte: „Union und SPD enttäuschen die Wirtschaft mit einem äußerst mageren Sondierungsergebnis.“
Dieter Kempf, Bdi-präsident
Es gebe keine Vision für ein digitales Deutschland, kein nachhaltiges Finanzierungskonzept und kein ambitioniertes Arbeitsprogramm. Für die Wirtschaft stelle besonders die mangelnde It-sicherheit ein großes Problem dar. Cybersicherheit sei „entscheidend für den Erfolg von Industrie 4.0 und der digitalen Gesellschaft“. Der BDI beanstandet, dass dieses Politikfeld beim Thema Digitalisierung gar nicht auftaucht, sondern im Kapitel Rechtspolitik. Front senken. Die Entlastung beschränkt sich auf den Soli- Zuschlag, der am Ende der Wahlperiode zur Hälfte abgeschafft werden soll, aber nicht für alle. Konkret können Arbeitnehmer mit weniger als 60 000 Euro Jahresverdienst darauf hoffen, keinen Soli mehr zu zahlen. Für höhere Einkommen gibt es keinen Cent Entlastung. Sie zahlen den Soli wie bisher. Wer Einkommen aus Zinsen hat, zahlt sogar mehr Steuern als bislang: Die Abgeltungsteuer, mit der Zinserträge pauschal mit 25 Prozent besteuert werden, soll wegfallen. Für Zinserträge gilt dann die Einkommensteuer. „Steuerliche Standortpolitik bleibt weiterhin in erster Linie auf die Abwehr von Steuervermeidung beschränkt“, konstatiert der BDI. eine neue Bundesregierung die Unternehmen unterstützen „weibliche Fach- und Führungskräfte zu gewinnen und zu fördern“, heißt es auf Seite 11 des Papiers.