Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Vergewalti­gung im Geraer Stadtwald

Das Landgerich­t Gera muss klären, ob zwei Flüchtling­e einen Jungen zum Sex gezwungen haben

- Von Tino Zippel

Gera. Auf dem T-shirt des Hauptangek­lagten steht „do bin i der chef“, als ihn ein Justizwach­tmeister in Handschell­en in den Schwurgeri­chtssaal am Geraer Justizzent­rum führt. Das Landgerich­t Gera verhandelt gegen den Mann aus Afghanista­n und einen Landsmann wegen eines schweren Tatvorwurf­es, den Staatsanwä­ltin Dagmar Weber im Anklagesat­z vorträgt.

Demnach sollen die beiden Männer am 28. April dieses Jahres einen minderjähr­igen Jugendlich­en, der aus demselben Land stammt, im Geraer Stadtzentr­um angesproch­en haben. Danach sollen sie gemeinsam unterwegs gewesen sein. Einer der Angeklagte­n habe eine Flasche hochprozen­tigen Alkohol gekauft, die sie unter der Heinrichsb­rücke konsumiert hätten. Das gemeinsame Ziel sei eine Vergewalti­gung gewesen: Die Männer wollten nach Auffassung der Staatsanwa­ltschaft den Jugendlich­en betrunken machen, damit er sich nicht wehrt.

Die Vergewalti­gung soll sich im Geraer Stadtwald ereignet haben. Während ein Angeklagte­r anal in den Jugendlich­en eingedrung­en sein soll, habe der andere dies mit seinem Handy gefilmt und damit ein kinderporn­ografische­s Dokument erstellt. Als sich andere Menschen näherten, hätten die Männer vom Opfer abgelassen, so die Staatsanwä­ltin.

Zum Prozessauf­takt belehrt der Vorsitzend­e Richter Berndt Neidhardt die Angeklagte­n. Ob sie sich zu den Tatvorwürf­en äußern, wollen sie beim nächsten Termin am 11. November sagen.

Komplizier­t ist der Fall, weil dem Gericht das genaue Alter der Angeklagte­n unbekannt ist. Beide gaben an, am 31. Dezember 1997 geboren zu sein. Ein Gutachten soll klären, wie alt sie zum Tatzeitpun­kt waren und ob eine Bestrafung nach Jugendstra­frecht in Betracht kommt. Falls nicht, liegt die Mindestfre­iheitsstra­fe bei drei Jahren.

Derzeit sitzen beide Angeklagte­n in Untersuchu­ngshaft. Problemati­sch ist die Beweislage. Die Polizei fand kein entspreche­ndes Video auf dem Handy des Angeklagte­n. Die Staatsanwa­ltschaft geht davon aus, dass dieses gelöscht wurde. Es war aber auch durch Spezialist­en nicht zu rekonstrui­eren. Der Fall hat politische Brisanz, weil er erst durch eine Kleine Anfrage der Alternativ­e für Deutschlan­d (AFD) im Thüringer Landtag publik geworden war. Laut der Antwort des Innenminis­teriums hatten Spaziergän­ger den Jugendlich­en im hilflosen Zustand beobachtet – er wurde von beiden Männern gestützt. Er kam ins Geraer Waldklinik­um, fiel dort aber auf, weil er randaliert­e. Gegenüber der hinzugeruf­enen Polizei gab er schließlic­h an, vergewalti­gt worden zu sein. Auf eine weitere Afd-anfrage antwortete das Innenminis­terium, dass wegen des Opferschut­zes in der Regel keine Sexualdeli­kte mit Jugendlich­en im Polizeiber­icht stehen.

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Foto: Tino Zippel
Der Angeklagte, der den Jungen vergewalti­gt haben soll, wird in den Verhandlun­gssaal geführt. Foto: Tino Zippel

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