Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Investitionsbereitschaft im Handwerk sinkt
Erfurter Kammer rechnet mit massivem Einbruch im Baugewerbe. Tiefe Verunsicherung der Firmenchefs beklagt
Bernd Jentsch
Erfurt. Sorge, Zukunftsangst und eine tiefgreifende Verunsicherung herrschen nach einer aktuellen Umfrage der Handwerkskammer Erfurt aktuell unter den Firmen der Branche vor.
„Manche nennen die aktuelle Geschäftslage herausfordernd, andere ernst“, berichtete der Präsident der Kammer, Stefan Lobenstein, am Dienstag in Erfurt. Man verliere Fach- und Arbeitskräfte in den Ruhestand und selbst die erfreulicherweise gestiegene Zahl der Auszubildenden könne den entstehenden Bedarf nicht decken.
Sprunghaft gestiegene Personalkosten und Einkaufspreise setzten die Firmen zusätzlich unter Druck. „Viele können die hohen Kosten nicht an die Kunden weitergeben, weil sie marktfähige Produkte anbieten müssen“, sagte Lobenstein. Die Folgen dieser Entwicklung könne man täglich sehen. Allein im Umfeld seines Betriebes in Erfurt hätten in den letzten Monaten fünf Bäckereien aufgegeben.
Ein Alarmsignal sieht die Kammer nach der Auswertung ihrer aktuellen Konjunkturumfrage aber vor allem in der weiter sinkenden Investitionsbereitschaft der Handwerker. Dabei setzt sich der Abwärtstrend
laut Hauptgeschäftsführer Thomas Malcherek über alle Gewerke hinweg fort.
Dramatisch sei die Entwicklung vor allem im Nahrungsmittelhandwerk, zu dem auch sein Unternehmen gehöre, so Lobenstein. „Hier sprechen 90 Prozent der befragten Firmeninhaber von sinkenden Investitionen
in ihre Betriebe“, so der Präsident.
In dieser Branche gebe es auch einen starken Personalverlust und quasi keine Neueinstellungen. Es fehle schlicht an Bewerbern für freie Stellen. Eine Entwicklung, die auch Christof Groß, Malermeister mit eigener Firma in Heiligenstadt, bestätigt. „Ich habe versucht, über Praktika neue Mitarbeiter zu finden, aber das hat nicht funktioniert“, so Groß. Vielen Leuten fehlten Einstellungen und Motivation zur Arbeit, da müsse man froh sein, wenn die am dritten Tag des Praktikums noch erschienen. Er betreut nach eigenen Angaben vor allem
Privatkunden in einem Umkreis von 50 Kilometern um seinen Firmensitz und hat noch gut zu tun. Etwa drei Monate müsse ein Kunde warten, wenn er ihn beauftrage, allerdings mache ihm die Zukunft durchaus Sorgen. „Wenn man mit Planungsbüros in der Region spricht, berichten die von Auftragseinbrüchen zwischen 30 und 50 Prozent bei Neubauprojekten“, so Groß. Das komme, mit zeitlicher Verzögerung, natürlich auch im Ausbaugewerbe an.
Mit einem massiven Einbruch im Bauhauptgewerbe rechnet auch Stefan Lobenstein. Dort gingen die Aufträge bereits spürbar zurück.