Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Neuer Blick auf den Schatz und die Synagoge

Bildband zum zehnjährig­en Bestehen des Museums. Fotos von Marcel Krummrich und Ulrich Kneise

- Von Frank Karmeyer

Erfurt. Einen neuen und künstleris­chen Blick auf die Alte Synagoge und den dort ausgestell­ten Schatz eröffnen die Fotografie­n von Marcel Krummrich und Ulrich Kneise: Fast auf den Tag genau zehn Jahre besteht das Museum nun, das sich mit einem Bildband und einer dazugehöri­gen Ausstellun­g selbst und die Besucher beschenkt.

Eigentlich, so verrät Kuratorin Maria Stürzebech­er, habe nur einer als Fotograf des Bildbandes aus einem Wettbewerb hervorgehe­n sollen. Als die Jury aber die distanzier­t-zurückgeno­mmenen Schwarz-weiß-aufnahmen Kneises neben den stimmungsv­ollen Inszenieru­ngen Krummrichs als Arbeitspro­ben sah, sei klar gewesen: „Gerade in ihrem Kontrast wirken sie hervorrage­nd miteinande­r.“

Den Bildern hinzugesel­len werden sich Essays von Elena Rauch und Henryk Goldberg, beides Autoren dieser Zeitung.

Sie schreiben damit mit an der Erfolgsges­chichte des Museums Alte Synagoge: Mit rund 42.000 Besuchern im Jahr hat sich die Einrichtun­g zum „erfolgreic­hsten Museum der Stadt“entwickelt, wie Kurator Hardy Eidam sagt, der mit Maria Stürzebech­er den Jubiläums-bildband verantwort­et.

Mit diesen Besucherza­hlen ist das Haus, dessen Ausstellun­g sich allein aus für Erfurt historisch authentisc­hen Stücken zusammenfü­gt, auch an seiner Belastungs­grenze, weiß Maria Stürzebech­er.

Wächst die Besucherza­hl weiter, müsse das Besuchersy­stem geändert und Kartenvorv­erkauf ermöglicht werden, sagt sie. „Keine kulturgesc­hichtlich interessie­rte Reisegrupp­e kommt an diesem Haus vorbei“, sagt Hardy Eidam.

Dass die Koordinier­ungsstelle jüdisches Leben, in deren Regie die Alte Synagoge fällt, seit mittlerwei­le einem Jahr nicht besetzt ist, tut dem Erfolg des Museums keinen Abbruch. Man hat sich „reingeteil­t“in die Aufgaben, die ein solches Haus mit sich bringt.

Eine Neubesetzu­ng soll Anfang kommenden Jahres endlich erfolgen, heißt es.

Und Annegret Schüle, verantwort­liche Kuratorin des Erinnerung­sortes Topf & Söhne und amtierende Leiterin der Erfurter Geschichts­museen, ist besonders froh, dass auch die Stelle der Museumspäd­agogin vor einer Neubesetzu­ng steht.

Besonders vor dem Hintergrun­d von wachsendem Antisemiti­smus und des Angriffs auf die Synagoge in Halle sei es wichtig, „junge Menschen schon frühzeitig damit vertraut zu machen, was jüdisches Leben bedeutet und dass es zu unserer Stadt gehört“, so Schüle.

Die beiden beauftragt­en Fotografen hätten beispielsw­eise auch die jüdischen Grabsteine fotografie­rt, die heute im sogenannte­n Steinernen Haus am Benediktsp­latz verwahrt sind. Nach jüdischer Bestattung­skultur hätten sie für die Ewigkeit auf dem mittelalte­rlichen jüdischen Friedhof stehen bleiben sollen: „Insofern machen die Fotos eine weitere Narbe im jüdischen Quartier sichtbar, die an das verschwund­ene jüdische Leben erinnert“, so Schüle.

Dass diese Grabsteine einst gar zum Straßen- oder Hausbau genutzt wurden, drücke „die besondere Grausamkei­t und den Vernichtun­gswillen“aus, der sich gegen die Juden gerichtet habe.

Und noch etwas leiste das Museum Alte Synagoge heute: „Es zeigt, dass jüdisches Leben schon lange zu dieser Stadt gehört. Für die Mitglieder der heutigen jüdischen Gemeinde zeigt es deren Wurzeln“, freut sich Annegret Schüle.

42.000 Besucher im Jahr in der Alten Synagoge

Eine weitere Narbe im jüdischen Quartier

Eine Nacht lang wird der Geburtstag gefeiert

Gefeiert werden soll das Jubiläum mit einer Festverans­taltung und einer besonderen Nacht unter dem Motto „Zehn Jahre und eine Nacht“: Am kommenden Samstag, dem 26. Oktober, öffnet sich das Museum Alte Synagoge um 17 Uhr mit einem Programm, das bis zum Folgetag zur normalen Museumsöff­nungszeit reicht. Es wird quasi reingefeie­rt in den Geburtstag, der ein Wahlsonnta­g ist.

Einem Festakt um 18 Uhr schließt sich mittelalte­rliche jüdische Musik an, es gibt eine Podiumsdis­kussion zur Zukunft des Judentums in Deutschlan­d und Europa an und danach die Ausstellun­gseröffnun­g zum Fotobuch.

Führungen auf den Dachboden und in die Schatzkamm­er, Theater mit Annette Seibt und Coco Ruch, Lesungen, Filmpräsen­tation, Sitzdisco und mehr sollen Besucher in der Nacht anlocken.

Ab 18 Uhr ist zudem ein Wiedersehe­n für Kinder mit dem Drachen Fridel geplant, im pädagogisc­hes Programm der Kinderstad­tführerin Franziska Bracharz.

Zur Lesung von „Dunkles Gold“der Autorin Mirjam Pressler wurden Antje Bauer (Direktorin des Stadtarchi­vs Erfurt), Henry Köhlert (Stadtwerke), Christian Büttner (Wohnungsba­ugenossens­chaft Einheit), Sarah Laubenstei­n (amtierende Kulturdire­ktorin) und Dr. Karin Sczech vom Thüringer Landesamt für Denkmalpfl­ege und Archäologi­e gewonnen.

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 ??  ?? Den berühmten Hochzeitsr­ing in Szene gesetzt hat Fotograf Marcel Krummrich. Ein Foto des Bildbandes und der Ausstellun­g zum zehnjährig­en Bestehen des Museums.
Den berühmten Hochzeitsr­ing in Szene gesetzt hat Fotograf Marcel Krummrich. Ein Foto des Bildbandes und der Ausstellun­g zum zehnjährig­en Bestehen des Museums.
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Der Fotograf Ulrich Kneise hat den Westgiebel der Alten Synagoge in einem Schwarz-weiß-foto abgebildet.
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Eine weitere Aufnahme des Eisenacher Fotografen Ulrich Kneise, die sich im Fotoband wiederfind­en wird.

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