Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Ermittlungen gegen Firma ausgeweitet Kriminalität überschattet Wahlkampf Streit zwischen Familien eskaliert
Unternehmen weist Vorwürfe weiter von sich Mike Mohring macht rechtsextreme Mail öffentlich. Thüringer Polizei beschäftigen Straftaten gegen Spitzenpolitiker Zahlreiche Polizisten im Einsatz
Erfurt/meiningen. Im Fall einer Sicherheitsfirma in Untermaßfeld bei Meiningen weiten sich die Ermittlungen aus. Auch die Staatsanwaltschaft Konstanz leitete jetzt ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Amtsanmaßung ein. Wie MDR Thüringen berichtete, wird den Sicherheitsleuten vorgeworfen, auch in der Schwarzwaldregion mutmaßlich in Bahnhöfen und an Gleisanlagen in blauer Firmenbekleidung, die stark an Polizeiuniformen erinnert, aufgetreten zu sein. Ermittelt wird wegen des Verdachts des Missbrauchs von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen.
Inzwischen wurde das Verfahren an die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main übergeben, wo sich der Hauptsitz der Sicherheitsfirma befindet. Ob die Staatsanwälte dort den Fall übernehmen, ist noch unklar.
Das Unternehmen teilte in einer namentlich nicht unterzeichneten E-mail mit, es seien durch keinen seiner Mitarbeiter „im Zuständigkeitsbereich der STA Konstanz die vorgeworfenen Straftaten begangen“worden.
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Meiningen in diesem Fall dauern an. Die Behörde wirft mehreren Mitarbeitern der Firma neben Amtsanmaßung auch Nötigung vor. In Thüringen sollen sie mutmaßlich an mindestens einem Bahnhof illegal Personen kontrolliert haben. Es soll mehrere Betroffene geben, darunter Kinder.
Das Unternehmen wies auch diese Vorwürfe zurück. Die Firma war in der Vergangenheit für Sicherheitsdienste an GleisBaustellen der Deutschen Bahn zuständig. (red) Erfurt. In der Nacht zum Samstag erreicht Mike Mohring, Cdu-spitzenkandidat für die Landtagswahl am 27. Oktober, eine verstörende Mail. Er solle bis Sonntagmittag — also gestern 12 Uhr – seinen Wahlkampf einstellen. „Das haben Rechtsextreme gefordert“, erklärt er nach Ablauf dieser Frist in einer Videobotschaft. Andernfalls drohen sie, ihn „abzustechen“wie die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker oder eine Autobombe zu zünden. Es wäre die zweite in diesem Wahlkampf bekannt gewordene Morddrohung gegen Mohring. Bereits im September soll eine solche Drohung erfolgt sein. Seither ermittelt der Staatsschutz des Landeskriminalamtes (LKA).
Die gestern öffentlich gemachte neuerliche Bedrohung reiht sich in eine ganze Reihe von Hassbotschaften und Übergriffe ein, die im Thüringer Landtagswahlkampf bisher bekannt wurden. Vor dem Hintergrund des Mordes am früheren Kasseler Regierungspräsidenten, Walter Lübcke, Anfang Juni, und des Terroranschlags auf die Synagoge in Halle, vor anderthalb Wochen, erhalten solche Mails inzwischen aber ein ganz anderes Gewicht. Der Cdu-politiker nutzt die erneute Bedrohung und wendet sich gegen Hass, Gewalt, Morddrohungen: „Wir müssen zusammenstehen in Thüringen, dürfen keinen Platz lassen, für die, die Angst machen.“Die Zuversicht müsse gewinnen, so Mike Mohring. Die Polizei hat die Ermittlungen übernommen.
Bereits Samstagmorgen wurde ein Feuer auf einem Gehöft in Reinsdorf im Kyffhäuserkreis bekannt. Ein Lkw der AFD, der dort abgestellt war, ist komplett ausgebrannt. Kriminalpolizei samt Staatsschutz der Landespolizeiinspektion (LPI) Nordhausen ermitteln. Mit Stand Sonntag halten die Experten einen technischen Defekt für eher unwahrscheinlich. Letzte Klarheit sollen am Montag weitere Untersuchungen bringen, sagte eine Sprecherin der LPI am Sonntag dieser Zeitung.
Ein politisches Motiv könne laut Polizei nicht ausgeschlossen werden. Am Montag soll auch entschieden werden, ob der Staatsschutz beim Landeskriminalamt (LKA) in Erfurt das Verfahren übernimmt.
Die AFD hatte bereits am Samstag, kurz nach Bekanntwerden des Feuers, von einem Anschlag und von Terror gesprochen. Der Brand habe einen neuen, angemieteten Lkw vernichtet, sagte Torben Braga, Sprecher der Landes-afd. Nach seinen Angaben soll auch Tontechnik für 40.000 Euro sowie Wahlkampfmaterialien der Partei mit verbrannt sein. Die AFD spricht von einem Schaden im sechsstelligen Bereich. Die Polizei gibt rund 80.000 Euro an. Laut AFD soll es bei den Ermittlungen inzwischen eine vielversprechende Spur geben.
Das habe mit Wahlkampf und politischer Auseinandersetzung nichts mehr zu tun, erklärte der Thüringer Afd-bundestagsabgeordnete Jürgen Pohl am Samstag. Diejenigen, die den Lkw in Brand setzten, nehmen eine Gefährdung von Menschenleben in Kauf. Auch Afd-landeschef Björn Höcke zweifelt nicht an einem politischen Anschlag.
Eine Woche vor der Landtagswahl sind Landespolizei und LKA in Thüringen gleich mit mehreren Ermittlungen gefordert. So hatte der Lka-staatsschutz in Zusammenarbeit mit den Staatsanwaltschaften in Gera und Mühlhausen am Freitag Durchsuchungen in Pößneck (Saale-holzland-kreis) und Bleicherode (Kreis Nordhausen) durchgeführt.
In Ostthüringen wird nach Lka-angaben wegen des Verdachts des illegalen Schusswaffenbesitzes ermittelt. Die Beamten sollen einen Tag vor einem Wahlkampfauftritt von Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) bei einem 41-jährigen Mann Beweismittel sichergestellt haben, die noch geprüft werden müssten, heißt es.
In Bleicherode steht ein 27Jähriger wegen einer Morddrohung in den sozialen Medien gegen Grünenchef Robert Habeck unter Verdacht. Beide Verfahren sind vergangenen Freitag nach den Durchsuchungen vom LKA bekannt gemacht worden.
Am zeitigen Samstagvormittag soll sich laut Polizei zudem ein Überfall von gut einem Dutzend Vermummter auf eine Kneipe in Eisenach zugetragen haben. Dabei seien sechs Personen leicht verletzt worden. Die Polizei in Eisenach sucht wie auch die Polizei in Nordhausen nach Zeugen oder Menschen die Hinweise geben können. Die Kneipe in Eisenach gilt auch als Treffpunkt der rechten Szene. Leinefelde-worbis. Eine gewalttätige Auseinandersetzung am helllichten Tag in einem Supermarkt zwischen zwei verfeindeten Gruppen hat in Worbis (Kreis Eichsfeld) zu einem Großeinsatz der Polizei geführt. Vier 16- und 18-Jährige wurden nach Polizeiangaben von Sonntag dabei leicht verletzt.
Gegen drei Männer im Alter von 28, 29 und 30 Jahren werde nun etwa wegen des Verdachts auf gefährliche Körperverletzung ermittelt.
Ermittlungen zufolge geht es um einen Streit zwischen zwei verfeindeten Familien.
Zunächst sollen sich die zwei Gruppen am Samstagnachmittag mit Gesten beleidigt haben, bevor es zum Einsatz von Gewalt und Pfefferspray kam. Laut Polizei soll zudem innerhalb der Auseinandersetzung das Auto eines Beteiligten beschädigt worden sein. An dem Fahrzeug wurden die Spuren gesichert. Zahlreiche Polizisten seien im Einsatz gewesen, um den Streit zu beenden. Mehrere Personen wurden noch am selben Abend vernommen. Genaue Angaben zu der Zahl der Beteiligten machte die Polizei zunächst nicht.
Die Ermittlungen der Kriminalpolizei liefen am Sonntag weiter. Frühestens am Montag sei mit mehr Details zu rechnen, hieß es. (dpa, red)
Lastwagen der AFD abgebrannt
Bereits am Freitag Razzia nach Drohung