Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

RB Leipzig: Zu wenige Punkte für zu viel Aufwand

Nach einer starken ersten Halbzeit endet die Partie gegen Borussia Mönchengla­dbach mit einem 2:2-Unentschie­den

- Von Martin Henkel

Leipzig.

Ralph Hasenhüttl und Dieter Hecking schritten nach dem 2:2 (2:1) im Bundesliga­Topspiel zwischen RB Leipzig und Borussia Mönchengla­dbach einträchti­g plaudernd zur Pressekonf­erenz. Beide Trainer schätzen sich, doch zufrieden wirkte auf dem Podium nur einer: Hecking. Der Gladbacher Cheftraine­r sagte, der Punktgewin­n freue ihn und schlug seinem Kollegen auf die Schulter, eher er sich verabschie­dete: „Ralph, Champions League ist geil, Bundesliga ist geil.”

„Die frühen Früchte sind oft die faulen“

Hasenhüttl lächelte nur müde, ausgelaugt, doch mit klaren Worten wie gewohnt. „Wir müssen abgebrühte­r werden und uns nicht am eigenen tollen Spiel ergötzen, sondern zielstrebi­g bleiben”, mahnte er. „Das ist nicht immer ganz einfach, wenn der Kopf in den englischen Wochen ein bisschen müde wird und die Beine schwer.”

Zuvor hatte der Österreich­er mitansehen müssen, wie seine Mannschaft Gladbach erst eine Halbzeit lang gegen die ArenaWand spielte, in der zweiten Hälfte aber selbst dagegen gedrückt wurde. Laut Hasenhüttl habe die bis zur Halbzeit „fast beängstige­nd gute” Leistung nicht ausgereich­t, denn „die frühen Früchte sind oft die faulen”.

Das mit den Früchten würden Botaniker vielleicht anders sehen, aber die gewagte Metapher passte zur Gemütslage nach einer Woche Liga und Champions League: gegen Monaco geführt, trotzdem nur 1:1, auch gegen Gladbach zweimal vorn gelegen, trotzdem nur 2:2. Hasenhüttl befand: „Zu wenige Punkte für zu viel Aufwand.“

Das mit dem Aufwand ist eine Schlüsselv­orstellung im Spiel des Vorjahresa­ufsteigers mit dem laufintens­iven Stil. Deshalb war die Frage vor dieser Saison, wie der Vizemeiste­r das meistern will mit Liga, Pokal und Champions League. Die zwei klassische­n Antworten heißen: Rotation oder Gang runterscha­lten.

Aber Gang runterscha­lten – nicht mit Hasenhüttl. Also brachte der 50-Jährige gegen Gladbach fünf Neue gegenüber der Monaco-Partie. Es funktionie­rte eine Halbzeit lang grandios. Zumindest im Spiel nach vorn. Bernardo bediente Timo Werner – 1:0 (17.). Naby Keita bediente Jean-Kévin Augustin – 2:0 (31.). „Das war wie aus einem Guss“, sagte Hasenhüttl, Hecking pflichtete ihm bei: „Da hat RB gezeigt, warum sie Champions League spielen.“

Aber die frühen Früchte: In der zweiten Hälfte kippte das Spiel die Verhältnis­se, die auch in den 45 Minuten zuvor nicht so eindeutig waren. Gladbach hatte drei hochkaräti­ge Chancen, die erste haute Jonas Hofmann über den Querbalken (2.), die zweite setzte Raffael Millimeter neben den Pfosten (45.+1), für die dritte sorgte Bernardo im Strafraum, als er Hofmann ungeschick­t umstieß. Thorgan Hazard verwandelt­e den Elfmeter zum 1:1 (25.).

Nach der Pause bauten die Gäste dann einen Druck auf, der Beine und Köpfe der Gastgeber schwer werden ließ. Überall wirbelten Gladbacher durch die Leipziger Reihen. Das erste Mal krachte es in der 61. Minute. Lars Stindl schlenzte den Ball zum 2:2 ins Netz. Kurz vor dem Ende krachte es wieder, dieses Mal war es Keitas hoher Stollensch­uh ins Gesicht von Christoph Kramer. Sah schlimm aus, der Weltmeiste­r blutete an der Oberlippe und musste genäht werden. Später gab er selber Entwarnung: „Alles gut!“

Trotzdem flog Keita mit Rot vom Platz – und wird vermutlich zwei, drei Ligaspiele fehlen. Also heißt es jetzt erst recht: rotieren, was der Kader hergibt. Vielleicht geht es gut, RB spielt in den kommenden sieben Tagen in Augsburg, gegen Frankfurt und in Istanbul gegen Besiktas. Vielleicht aber auch nicht.

 ??  ?? Leipzigs Naby Keita (l.) geht in dieser Szene beherzt gegen Gladbachs Patrick Herrmann zur Sache. Kurz vor Schluss sah Keita die Rote Karte, als sein hoher Stollensch­uh im Gesicht von Christoph Kramer landete. Foto: Boris Streubel, Getty
Leipzigs Naby Keita (l.) geht in dieser Szene beherzt gegen Gladbachs Patrick Herrmann zur Sache. Kurz vor Schluss sah Keita die Rote Karte, als sein hoher Stollensch­uh im Gesicht von Christoph Kramer landete. Foto: Boris Streubel, Getty

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