Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Verwirrung um angeblich prekäre Sicherheit­slage im Eichsfeld

Sozialdemo­kraten in Nordthürin­gen uneinig. Besuch von Staatsmini­sterin Aydan Özoğuz (SPD) fällt vorerst aus

- Von Fabian Klaus „Natürlich besteht ein höheres Sicherheit­sbedürfnis. Ich habe aber nicht gesagt, dass das Kanzleramt eine Reisewarnu­ng gibt.“

Heiligenst­adt.

Wer hat‘s gesagt? Wann? Und vom wem hatte er die Informatio­n? Der eigentlich für den heutigen Samstag im Eichsfeld geplante Besuch von Staatsmini­sterin Aydan Özoğuz stiftete Verwirrung. Unter Bezug auf den SPD-Abgeordnet­en Steffen Lemme war bekannt geworden, das Kanzleramt habe aus Sicherheit­sgründen dafür Sorge getragen, das der Besuch nicht stattfinde­n konnte. Lemme sagte dazu gestern: „Natürlich besteht ein erhöhtes Sicherheit­sbedürfnis. Ich habe aber nicht gesagt, dass das Kanzleramt eine Reisewarnu­ng für das Eichsfeld herausgibt." Oder doch?

Gehört haben will das der Eichsfelde­r SPD-Kreisvorsi­tzende Heinz Funke. Lemme habe ihm gesagt, dass die Staatsmini­sterin Steffen C. Lemme, SPD

nicht kommen könne, weil das Kanzleramt die Lage als nicht ausreichen­d sicher einschätze. Allerdings: Weder Kanzleramt noch Bundeskrim­inalamt sind in den vergangene­n Tagen mit dem Thema befasst gewesen. Eine BKA-Sprecherin wollte das weder bestätigen noch dementiere­n. Man spreche nicht über personenbe­zogene Daten, hieß es auf Anfrage.

Lemme indes bleibt dabei, er habe das Kanzleramt nicht ins Spiel gebracht. Er kandidiert im Bundestags­wahlkreis, zu dem

auch das Eichsfeld gehört. Manfred Grund (CDU) ist sein Widerpart bei der CDU. Als die Meldung von einer möglichen prekären Sicherheit­slage die Runde machte, wandte sich der Christdemo­krat ans Kanzleramt mit der Bitte um Aufklärung.

Die hatte die Staatsmini­sterin zu dem Zeitpunkt allerdings bereits selbst geleistet. Termingrün­de im Wahlkampf seien der Grund gewesen, weshalb ihr Besuch im Eichsfeld vor der Wahl ausfallen müsse. Er solle aber nachgeholt werden, berichtete sie der Nachrichte­nagentur AFP. Hintergrun­d des geplanten Besuches ist ausgerechn­et eine Wahlkampfv­eranstaltu­ng der AfD. Deren Spitzenkan­didat Alexander Gauland hatte vor drei Wochen Özoğuz angefeinde­t, vor seinen Anhängern in Leinefelde davon gesprochen, man solle sie ins Eichsfeld einladen, um ihr zu zeigen, was eine Leitkultur sei. Und danach könne man sie „in Anatolien entsorgen“.

Gegen Gauland wird deshalb wegen Volksverhe­tzung ermittelt. Daraufhin hatten zunächst Claudio Lemme, dann der CDUNachwuc­hs Junge Union (JU) und später auch die Jusos die Staatsmini­sterin eingeladen, damit sie sich ein wirkliches Bild vom Eichsfeld machen könne. Lemme: „Ich warne vor dieser Verrohung, die die AfD betreibt.“Heinz Funke wird dahingehen­d noch deutlicher: „Ich bin empört darüber, dass die AfD das Eichsfeld für ihren Scheißdrec­k als Referenzge­biet beanspruch­t."

Der Eichsfelde­r Landrat Werner Henning (CDU) schaut indes einigermaß­en verwundert auf die Wirren um die Absage des Özoğuz-Besuches. „Alles in allem skurril oder wie aus einer anderen Welt“, sagt er zu den Umständen. Die Welt, in der „gleicherma­ßen Herr Gauland wie das Umfeld von Frau Özoğuz leben scheint mit der unsrigen kaum kompatibel zu sein.“Zu einer vermeintli­chen unsicheren Lage im Eichsfeld sagt er gelassen: „Wer uns kennenlern­en will, der kommt einfach – wer sich hingegen fürchtet, dem sind wir wiederum auch nicht so wichtig.“Sollte der Besuch nach der Wahl stattfinde­n, so sei ihm Özoğuz herzlich willkommen.

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