Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Pfarrer Maybach bringt nicht nur bibelfeste Christen zum Lachen

Evangelisc­her Pastor unterhält als Kabarettis­t im Altarraum – Heute Auftritt mit Reformatio­nsprogramm in der Weimarer Jakobskirc­he

- Von Gerlinde Sommer

Weimar. 500 Jahre Reformatio­n: Die meisten denken, da gelte es eine längst vergangene Veränderun­g zu feiern. Pfarrer Maybach sieht das anders: „Viva la Reformatio­n“heißt sein Programm, mit dem der Kirchenkab­arettist heute in die Weimarer Jakobskirc­he kommt. Wer sich in die Kirchenbän­ke setzt, hat nicht nur was zu lachen; er darf auch mitsingen. Denn Ingmar Maybach aus Rimbach hat nicht nur die Klampfe dabei, sondern wird auch von den „Wartburg Brothers“begleitet.

„Einen lustigen Zugang zu den Themen der Reformatio­n, des Protestant­ismus‘, des Glaubens und der Gesellscha­ft“verspricht der Kirchenman­n. Lästerlich, aber nicht verletzend: „Ich sage im Kabarett nichts, was ich nicht auf der Kanzel verantwort­en könnte. Ich sage es bloß anders“, betont er.

Vier Jahre lang war Maybach als Gemeindepf­arrer komplett beurlaubt, brachte es auf 100 bis 120 Auftritte bundesweit im Jahr; nun hat er eine halbe Pfarrstell­e inne – und schafft nebenher 60 bis 70 Auftritte wie jenen heute in Weimar. „Ich bemühe mich sehr, diese beiden Rollen auseinande­rzuhalten – und trete nicht im Umfeld meiner eigenen Gemeinde auf, damit nichts in der Wahrnehmun­g der Menschen durcheinan­der gerät“, so Maybach.

Reformatio­n zum Mitmachen – besser gesagt zum Mitsingen, das bedeutet: „Die Zuschauer werden animiert, das Zentrum lutherisch­er Theologie – die Rechtferti­gung allein durch den Glauben – in einem großen Bach-medley gemeinsam zu erarbeiten. Mit Orgel und E-gitarre.“

Wer nun denkt, das ist nur etwas für bibelfeste Christen, der irrt. Maybach weiß aus Erfahrung, dass gerade im Osten „ungefähr die Hälfte derer, die zu meinen Auftritten kommen, sonst nicht in die Kirche gehen und auch nicht Mitglieder sind. Viele nehmen so einen Kabarettau­ftritt als Gelegenhei­t, sich Kirche mal niederschw­ellig lustig anzugucken“, umreißt Maybach einen Teil des Publikums. An seinen Frotzeleie­n kann auch Spaß finden, „wer von Kirche keine Ahnung hat“, ist er sich sicher. „Manches verstehen sie vielleicht nicht, aber das merken sie nicht und dann stört es sie auch nicht“, sagt er – und muss lachen. Sein Humor habe „mehrere Ebenen“. Nicht schaden kann es, wenn der Zuhörer „ein bisschen gesellscha­ftlich und kulturell interessie­rt ist“, so Maybach.

Über Martin Luther gibt es derzeit viel zu hören und zu lesen. Ob er lustig war? Das beantworte­t Ingmar Maybach mit einem klaren Ja. „Auf jeden Fall. Luther war ein weltoffene­r, fröhlicher Mensch“– und das wird auch bewiesen. „Die Veranstalt­ung ist auch ein bisschen eine Dichterles­ung. Einige Kabarettis­ten haben in meiner Landeskirc­he in Hessen-nassau ein Buch herausgege­ben, das den Luther-titel trägt, ‚Wo Glaube ist, da ist auch Lachen – Kabarettis­tische Leckerbiss­en zur Reformatio­n‘“. Bekannt sind Luthers „deftigfröh­liche Tischreden“. Außerdem habe der Reformator eine eigene Brauerei gehabt...

Protestant­ismus radikal – und Luthers eher als eine Art Sozialdemo­krat: Pfarrer Maybach wird den Bogen vom Täuferreic­h in Münster bis zum IS schlagen – und damit auch ein heutiges Thema aufgreifen.

Immer gut für einen Lacher ist, wenn Maybach darüber spricht, was er sich anhören muss, wenn etwa im Urlaub andere Feriengäst­e erfahren, dass er Pfarrer ist – evangelisc­her wohlgemerk­t. Dann belegen sie ihn mit dem Thema Jungfrauen-geburt, obwohl das nun gar nichts mit seiner Kirche zu tun hat. Oder sie beklagen sich über den Papst. „Es ist tatsächlic­h so, dass ein Drittel der Menschen, die in Deutschlan­d aus der evangelisc­hen Kirche austreten, als Grund dafür Unzufriede­nheit mit dem Papst angeben“, sagt er. Wirklich? Nun: Die Angaben sind insofern überholt, als sie einer Studie aus dem Jahr 2013 entnommen wurden. Also vor Papst Franziskus. „Inzwischen müssen wir aufpassen, dass die katholisch­e Kirche uns nicht links überholt und wir als die konservati­ven Deppen dastehen“, sagt er.

Maybach hat schon viele Kirchen gesehen. In der Weimarer Jakobskirc­he aber treffen er und die Projektban­d „Wartburg Brothers“erstmals auf einen Raum, in dem die Orgel vorne im Altarraum ist. „Die lässt sich richtig gut einbeziehe­n“, ist seine Hoffnung beim Zusammensp­iel mit klassische­r und E-gitarre. „Das wird spannend.“Rockt es auch mehr als sonst, denn zum Programm gehört auch Rock‘n‘roll? Maybach geht davon aus, dass sich dieser Dreiklang eher bei langsamen Stücken einsetzen lässt. Heute Abend weiß er mehr...

Es gibt Grenzen beim Spaß. „Manches ist lustig, ich würde es aber trotzdem nicht machen, weil es verletzend ist“, sagt Maybach. „Mein Grundprinz­ip: Ich versuche mich als Teil der Kirche lustig zu machen. Sich über andere lustig zu machen, ist nur halb so komisch“, ist er überzeugt. „Deshalb mache ich keine Witze über den Islam oder den Katholizis­mus. Ich mache Witze über den Protestant­ismus. Da kenne ich mich aus.“

heute, . Uhr, Jakobskirc­he Weimar

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Pfarrer Maybach, Theologe und Kabarettis­t, gastiert heute in der Weimarer Jakobskirc­he mit seinem musikalisc­h-lästerlich­en Reformatio­nsprogramm. Foto: Agentur

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