Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Heute auf dem Speiseplan: Ingwer und Kokosnüsse
Der Supermarkt ist eine große Kunststoff-wüste. Wer Natur pur möchte, muss zum Trüffelschwein werden
Nordhausen. Für 2,06 Euro bekommt man bei einem Fleischer in Nordhausen 66 Gramm Gehacktes, vier Scheiben Lachsschinken und je eine Scheibe Römerbraten und Schweinezunge in Aspik. Kostenlos dazu gibt es einen Berg Plastemüll.
Zwischen jede Scheibe legt die nette Frau etwas Klarsichtfolie, dann das Ganze in eine Plaste- und schließlich in eine Papiertüte. Auf Wiedersehen!
Es ist der erste Einkauf meines Plastefastens. Nie sprangen mir die Kunststoffbehältnisse derart ins Auge. Die gesamte erste Abteilung in dem gut sortierten Supermarkt ist ein Haufen Plaste. Möhren oder Weintrauben gibt‘s nur umwickelt. Selbst Zitronen muss ich streichen, weil das Netz darum irgendwann in den Bäuchen von Fischen im Meer landen würde – und am Ende wieder in unseren Mägen.
Dafür gäbe es Ingwer und Kokosnüsse ganz ohne Plastik. Die Kinder werden sich freuen. Zum Glück bieten sich mit Tomaten und Gurken gute Alternativen. Möhren hingegen sind hier nur eingepackt zu haben.
Die Kartoffeln sehen harmlos aus. Doch bei näherem Hinschauen entpuppt sich jedes Netz als Plasteverpackung. Also die Frühkartoffeln aus Zypern – dreimal so teuer wie die anderen und noch etwas schmutzig.
Mist, eine Tüte kommt jetzt nicht in Frage. Und 20 Kartoffeln aufs Laufband an der Kasse legen? Käme bestimmt nicht gut. Ich ziehe den grünen Stoffbeutel aus der Tasche. Von Oma Karla. Rein mit den Zyprioten.
Es geht weiter durch Plastewüsten – Kartoffelsalat und Wraps, Jogurt und Tortellini. Was kann man nicht alles schön einpacken, damit es viele Wochen hält. Gerade vor dem Hintergrund des kürzlich verschärften Katastrophenschutzes der Bundesrepublik sollten die Sachen doch haltbar sein. Was nützt einem das plastefreie Meer, wenn der Russe angreift und die Tortellini in meinem Versteck schlecht sind, weil ich auf Plaste verzichten wollte.
In Worbis gibt es übrigens, wie mir eine nette Leserin zutrug, eine Firma, die komplett recycelte „Veggie Bags“vertreibt. Hergestellt allerdings in China, aber unter fairen Bedingungen, wie der Vertriebsleiter Sebastian Gottlieb versichert.
Keine Chance habe ich bei den Cornflakes. Selbst die gesündest erscheinenden Ökoflocken, die ich am Ende vor lauter Angst greife, die Kinder könnten mich aus dem Haus treiben, sind zwar mit Papier umhüllt, aber eben beschichtetem. Verständlich, denn ohne das wären die Flocken nicht mehr knusprig. Sogar in der DDR – wo Quark in Butterbrotpapier und Negerkuss in Papiertüten angeboten wurden – verkaufte man Cornflakes in Plastebeuteln.
Die Auswahl am Kühlregal ist etwas eingeschränkt. Milch in Flaschen, aber nur die 3,8-prozentige. Jogurt in Gläsern, aber nur der 10-prozentige. Plastefasten heißt, sich einzuschränken. Zumal in der Provinz. Aus Erfurt und Braunschweig schreiben mir Leser, ermutigen mich, bei ihnen gebe es Läden, die nur unverpackte Produkte verkaufen. Ein Trost. Ich komme. Wenn ich Zeit hab‘.
Ein Wochenende Plastefasten steht bevor. Das Ergebnis lesen Sie am Montag in Ihrer TA