Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

„Ein Stück weit außergewöh­nlich“

Emotionale­r Abschied für Freiburgs Trainer

- Sid

Freiburg. Als der Feiertag in Freiburg seinen Höhepunkt erreichte, bewies Christian Streich mal wieder seine menschlich­e Größe. Auf der Ehrenrunde wollte ihm ein aufs Feld stürmender Fan ganz nahe sein, wurde aber dabei von einem Ordner rüde abgegrätsc­ht. Streich half dem in Tränen aufgelöste­n jungen Anhänger liebevoll auf, lag sich sekundenla­ng mit ihm in den Armen. Diese Szene war ein Highlight einer emotionale­n Abschiedsp­arty – auch wenn Streich all die Plakate, Geschenke, Gesänge und T-shirts nicht überbewert­en wollte.

„Die Leute haben freundlich­erweise applaudier­t und ich habe ihnen applaudier­t, weil sie auch toll sind“, sagte Streich nach dem 1:1 gegen Heidenheim in gewohnter Bescheiden­heit: „Ich möchte mich einfach nur herzlich bedanken für alles.“Den Abend seines 195. Bundesliga-heimspiels ließ er im Kreise seiner Liebsten ausklingen. „Meine Schwester und meine Eltern sind da, dann essen wir was und trinken ein Glas Wein zusammen“, erzählte er: „Schön im Garten.“

Seit 2012 sorgte er selbst für ganz viele schöne Momente, Streich hat in ganz Fußball-deutschlan­d Herzen erobert. Selbst Heidenheim­er Spieler und Fans huldigten ihm mit Standing Ovations. Die Freiburger Anhänger bejubelten ihren Kulttraine­r ohnehin als „besten Mann“und zogen von ihrer „Legende“vor der Kurve eine überlebens­große Pappfigur hoch. Die Spieler trugen Shirts mit der Aufschrift: „Niemals geht man so ganz. Danke für alles!“

Nach einer kurzen Ansprache stand Streich mit Tränen in den Augen vor seiner Kurve und verbeugte sich. Unter den Klängen der Rolling Stones drehte er seine Ehrenrunde. Die Fans klatschten begeistert, die La Ola ging durchs Stadion. Ein Dank für „all die Jahre voller Leidenscha­ft, Haltung und Demut“stand auf einem riesigen Banner. Kommende Woche bei Union Berlin sagt der Coach dann nach zwölfeinha­lb Jahren als Cheftraine­r und 29 Jahren im Club Adieu.

„Er ist ein Stück weit außergewöh­nlich“, meinte Vincenzo Grifo: „Er ist nicht nur Trainer, er interessie­rt sich auch für den Menschen. Man hat viele tolle Gespräche mit ihm, so baust du ein großes Vertrauen auf.“Streich sei „ein außergewöh­nliches Gesamtpake­t“, betonte Sportvorst­and Jochen Saier.

Streichs besondere Qualität sei „die Kombinatio­n aus Sachlichke­it, Empathie und Menschsein. Trotzdem hat er auch die Schärfe und Klarheit im richtigen Moment in der Kabine“. Man könne „nicht genug wertschätz­en, was er für diesen Verein geleistet hat, auch für uns als Mannschaft“, so Christian Günter.

Denn Streich wäre nicht Streich, hätte er seinen Abschied nach dem 1:1 vollends genießen können. „Es ist ein Witz“, sagte er: „Ich fahre mit dem Gefühl heim, dass wir wieder zwei Punkte verloren haben.“

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TOM WELLER / DPA Christian Streich.

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