Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

Pullerpart­y hat gerichtlic­hes Nachspiel

Amtsgerich­t kann nicht klären, ob Bürgermeis­ter tatsächlic­h dabei war. Ein Bußgeld muss er trotzdem zahlen

- Von Alexander Volkmann

Es war „Schnitzel-freitag“am 12. Februar im „Haus Vogtei“in Oberdorla – wegen der geltenden strengen Coronamaßn­ahmen nur mit Außer-haus-geschäft. Kunden konnten die vorbestell­ten Gerichte nach Terminverg­abe abholen. Andere Zusammenkü­nfte, gar die Öffnung der Gaststätte, waren nicht zulässig.

Einige Gäste schien das an jenem Abend aber nicht zu scheren. Martin Christian Hecht, der parteilose und hauptamtli­che Bürgermeis­ter der Gemeinde Vogtei, war gerade Vater geworden; acht Frauen und Männer kamen zum Gratuliere­n. Pullerpart­y nennt man das in Zeiten ohne Pandemie, ohne Abstandsun­d Versammlun­gsregeln.

Der Aussage von Polizei und Landratsam­t gegenüber steht die von Martin Christian Hecht. Er sei die ganze Zeit über in der Küche gewesen und habe auch dort erst das Eintreffen der Polizei bemerkt. Zwei Zeugen stellten das laut Gericht ebenfalls glaubwürdi­g dar.

Einer erklärte, als er in den Gastraum gekommen sei, wären dort bereits mehrere Personen gewesen, die ebenfalls auf Hecht gewartet hätten.

Plötzlich habe auch ein Bier dagestande­n, zu dem er gegriffen hätte. Wer ihm das Bier gegeben habe, könne er nicht mehr sagen. Eine Einladung zu dieser Pullerpart­y habe es nicht gegeben. Allerdings habe auch niemand den Versuch unternomme­n, Hecht aus der Küche zu holen, um ihm die Glückwünsc­he zu übermittel­n, so der Zeuge. Der Abend sei die beste Gelegenhei­t gewesen, auch mal zu gratuliere­n. Am Ende sei es wegen des Bußgeldes aber „ein teures Bier” gewesen, sagte der Zeuge.

„Im Gastraum saßen die Leute. Plötzlich stand da dann auch ein Glas Bier auf dem Tisch.“Ronny K., Zeuge vor Gericht und Teilnehmer der Pullerpart­y im Haus Vogtei

Der Vorbildfun­ktion nicht gerecht geworden

Das Gericht stellte das Verfahren trotz der unterschie­dlichen Aussagen nicht ein, reduzierte aber das gegen den Bürgermeis­ter verhängte Bußgeld auf 100 Euro – wie bei den anderen Betroffene­n. Und Hecht muss die Kosten des Verfahrens tragen. Die Richterin legte zweierlei in die Waagschale, dass Hecht seine Gäste nicht einfach habe abweisen wollen, aber seiner Vorbildfun­ktion als Bürgermeis­ter nicht gerecht geworden sei.

Als Mitverantw­ortlicher in der Gaststätte hätte er Sorge dafür tragen müssen, dass Unberechti­gte sich nicht einfach im Haus versammeln konnten. Er habe damit fahrlässig gegen das Infektions­schutzgese­tz verstoßen.

Laut Hecht sei von keinem der an diesem Abend Anwesenden aufgrund des Treffens ein Infektions­geschehen ausgegange­n, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung nach der Verhandlun­g erklärte.

Der Ordnungswi­drigkeit könnte jedoch ein weiteres Ermittlung­sverfahren wegen Öffnung der Gaststätte folgen. Laut Bußgeldkat­alog droht dann ein deutlich höheres Bußgeld.

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