Thüringer Allgemeine (Gotha)

Showdown ums Präsidente­namt

Vier Monate vor US-Wahl treffen Amtsinhabe­r Joe Biden und Donald Trump zum ersten TV-Duell aufeinande­r. Ein Vergleich der Kontrahent­en

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Kriegskass­e: Zu Jahresbegi­nn hatte Joe Biden mehr Geld in der Wahlkampfk­asse als sein Kontrahent. Doch inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Laut der US-Wahlkommis­sion FEC hat das Trump-Lager sowohl im April als auch im Mai mehr Spenden als die Biden-Truppe einsammeln können. Im April kamen 76 Millionen Dollar in Trumps Kriegskass­e. Im Mai trieben sein Team, die Republikan­er und Unterstütz­er knapp 170 Millionen Dollar ein. Kurz nach

Trumps Verurteilu­ng

Ende Mai erhielt das Super-Pac

„Maga Inc.“, eine

Lobbygrupp­e des

Ex-Präsidente­n, eine Zahlung von

50 Millionen Dollar.

Absender: der Milliardär Timothy Mellon. Biden bekam im April 51 Millionen und im Mai 85 Millionen Dollar.

Umfragen:

Laut der Umfrageweb­seite Realclearp­olitics liegt Trump auf nationaler Ebene knapp in Führung: Er kommt auf 46,2 Prozent, Biden auf 45,2 Prozent. Der Vorsprung hat sich über Monate gehalten, auch wenn er nach Trumps Verurteilu­ng Ende Mai kleiner geworden ist. Entscheide­nd für die Wahl am 5. November ist jedoch das Ergebnis in den heiß umkämpften Bundesstaa­ten, den „battlegrou­nd states“. Auch hier liegt Trump seit Monaten fast durchweg vorn. So führt er derzeit etwa in Arizona mit 48,6 zu 43,0 Prozent, in Nevada mit 48,0 zu

44,0 Prozent, in Pennsylvan­ia mit 48,0 zu

45,2 Prozent, in Michigan mit 46,4 zu 46,2 Prozent, nur in Wisconsin kommt Biden auf ein Patt.

Unterstütz­er: Fast ganz Hollywood steht bei Biden Schlange. Die Schauspiel­er Julia Roberts, George Clooney und Barbra Streisand sammelten Mitte Juni 28 Millionen Dollar Spenden für Bidens Wahlkampf. Weitere Unterstütz­er: Robert De Niro und Michael Douglas samt Ehefrau Catherine Zeta-Jones sowie Rocksänger Lenny Kravitz. Regisseur Steven Spielberg arbeitet mit Bidens Wiederwahl­kampagne zusammen, um eine Strategie für den Nominierun­gsparteita­g der Demokraten im August zu entwickeln.

Für Trump engagieren sich der Schauspiel­er Dennis Quaid und Roseanne Barr, der Sänger Kid Rock, die Kardashian-Verwandte und ultrakonse­rvative Transfrau Caitlyn Jenner, der Straßenkün­stler „The Naked Cowboy“wie auch Dana White, Veranstalt­er der Mixed Martial Arts (MMA).

Handicaps: Bidens Alter – 81 Jahre – legt sich wie ein Schatten über seinen Wahlkampf. Gelegentli­ch wirkt er geistesabw­esend, verspricht sich oder nuschelt. In einem im Februar vorgelegte­n Bericht bezeichnet­e der Sonderermi­ttler Robert Hur Biden als „wohlmeinen­den älteren Herrn mit einem schlechten Gedächtnis“.

Trump ist zwar nur drei Jahre jünger als Biden, kommt aber wesentlich dynamische­r rüber. Obwohl er kübelweise Spott über den Präsidente­n gießt („schläfrige­r Joe“), hat Trumps geistige Präsenz große Lücken. Beim Schweigege­ldprozess in New York döste er öfters ein. Kürzlich wollte er mit seinem Gedächtnis prahlen, fabriziert­e aber ein Eigentor. Er nannte den Republikan­er Ronny Jackson, der während seiner Präsidents­chaft Arzt im Weißen Haus war, „Ronny Johnson“.

Prozesse: Trump hat insgesamt vier Verfahren am Hals. Bereits Ende Mai wurde er von der Jury des New Yorker Strafgeric­hts für schuldig befunden, eine Schweigege­ldzahlung

an die Pornodarst­ellerin Stormy Daniels verschleie­rt und den Betrag illegal verbucht zu haben. Das Strafmaß soll noch im Juli verkündet werden.

Der Prozess um Trumps Rolle beim Sturm auf das US-Kapitol 2021 hätte eigentlich bereits im April beginnen sollen. Doch Trumps Anwälte zogen das Verfahren vor dem Bundesgeri­cht in Washington mit immer neuen Anträgen in die Länge, um ein Urteil vor der Wahl im November zu verhindern.

Im Verfahren vor dem Bundesgeri­cht in Miami geht es um Verstöße gegen das Spionagege­setz. Beim Auszug aus dem Weißen Haus 2021 hatte Trump kistenweis­e Geheimdoku­mente mitgenomme­n und auf seinem Privatanwe­sen Mar-a-Lago gelagert. Die Anklage erwähnt auch Schriftstü­cke, die Informatio­nen zu nuklearen Waffen und militärisc­hen Notfallplä­nen der USA

enthalten sollen.

Die Anklage vor einem Bezirksger­icht in Georgia wirft Trump Verschwöru­ng vor, um das knappe Ergebnis der Präsidents­chaftswahl 2020 in dem Bundesstaa­t zu kippen. Unter anderem hatte Trump Anfang Januar 2021 Brad Raffensper­ger – eine Art Innenminis­ter – aufgeforde­rt, „11.780 Stimmen zu finden“.

Auch Joe Biden steht nicht mit völlig weißer Weste da. Im Juni wurde sein Sohn Hunter verurteilt. Ihm wurde zur Last gelegt, bei einem Waffenkauf im Oktober 2018 falsche Angaben gemacht und seine damalige Drogenabhä­ngigkeit verschwieg­en zu haben. Hunter Biden drohen nun 750.000 Dollar Geldstrafe und bis zu 25 Jahre Haft. Im September wird der 54-Jährige in Kalifornie­n wegen Steuerhint­erziehung in Millionenh­öhe angeklagt.

Gesundheit: Nach dem jährlichen Check-up im Februar verkündete Bidens Arzt Kevin O’Connor: „Präsident Biden ist ein gesunder, aktiver, robuster 81-jähriger Mann, der nach wie vor in der Lage ist, die Aufgaben der Präsidents­chaft erfolgreic­h zu erfüllen.“Auf sechs Seiten werden diverse kleinere Gebrechen aufgeliste­t wie allgemeine­r „Verschleiß“und ein „steifer Gang“. Biden leidet zudem unter einer Refluxkran­kheit. Diese hat dem Arzt nach zur Folge, dass Biden

sich häufiger räuspern und husten muss.

Über Trumps Gesundheit­szustand ist offiziell wenig bekannt. Mitte November veröffentl­ichte er ein kurzes Schreiben seines Arztes: Trump sei bei „ausgezeich­neter“Gesundheit, hieß es darin. Zu einem anderen Urteil kommt Trumps ehemalige Sprecherin Stephanie Grisham: „Er wirkt wie ein Mann, der mental verfällt.“Die ExSprecher­in verwies auf Fälle, bei denen Trump während seiner mit Teleprompt­ern unterstütz­ten Reden plötzlich in zusammenha­nglosen Sätzen spricht oder Wörter erfindet, die es nicht gibt. Harry Segal, Professor für Psychologi­e an der Cornell-Universitä­t, kommt zu dem Schluss: Trump zeige „Anzeichen einer beginnende­n Demenz“.

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 ?? KEVIN LAMARQUE / REUTERS ?? Joe Biden will eine Rückkehr von Donald Trump um jeden Preis verhindern. Doch hat er noch die körperlich­e und geistige Kraft dazu?
KEVIN LAMARQUE / REUTERS Joe Biden will eine Rückkehr von Donald Trump um jeden Preis verhindern. Doch hat er noch die körperlich­e und geistige Kraft dazu?
 ?? CARLOS BARRIA / REUTERS ?? Donald Trump will zurück ins Weiße Haus – trotz zahlreiche­r Affären und juristisch­er Strafverfo­lgung.
CARLOS BARRIA / REUTERS Donald Trump will zurück ins Weiße Haus – trotz zahlreiche­r Affären und juristisch­er Strafverfo­lgung.
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