Thüringer Allgemeine (Gotha)

Holz erklingen lassen

Geigenbaue­r fertigen und reparieren Streichins­trumente. Das erfordert viel Geduld

- Von Marieke Fiala

Früher hat sie selbst Musik gemacht, heute repariert und restaurier­t sie Instrument­e: Corinna Zander ist Geigenbaue­rin. In der Stadt Erfurt hat sie eine eigene Werkstatt. Obwohl ihr Beruf das Wort „Geige“in sich trägt, sind Geigenbaue­r und Geigenbaue­rinnen für alle möglichen Streichins­trumente zuständig. Corinna Zander hat sich auf Celli (sprich: Tschelli) – das ist der Plural von Cello (sprich: Tschello) – und Kontrabäss­e spezialisi­ert.

„Celli und Bässe gefallen mir einfach mehr. Ich finde die tieferen Töne schöner“, sagt die Handwerker­in. Während Geigen einen hohen Klang haben, klingen Celli und Bässe tiefer. Eigentlich geht es bei Corinna Zanders Beruf auch vor allem darum: den Klang.

„Der Ton, den wir hören, ist nichts anderes als bewegte Luft“, erklärt sie. „Wie wir die Luft dann in Bewegung kriegen, das ist beim Streichins­trument ein sehr komplexes System!“Deshalb sollte man sich in dem Beruf vor allem für Musik, Klang und auch für Physik interessie­ren. Die Formeln aus der Schule auswendig zu kennen, sei nicht unbedingt notwendig. Wichtiger sei, dass man wissen will: Wie funktionie­rt so ein Instrument? Wie verhält sich das Holz?Auch Lust am Basteln braucht man. Und Geduld. „Daran scheitern viele in der Ausbildung. Dabei ist Geduld erlernbar.“Manchmal arbeite man zwei Wochen an derselben Stelle, sehe aber keinen Fortschrit­t. Allgemein sei ein halbes, sogar ein dreivierte­l Jahr, eine normale Dauer, um ein Instrument etwa von Grund auf zu reparieren. „Aber eigentlich ist jedes Instrument einzigarti­g, die kann man nicht vergleiche­n“, betont die Geigenbaue­rin.

Jeder Musiker und jede Musikerin kommt ja auch mit einem anderen Problem zu ihr. Manche Instrument­e sind kaputt, weil sie zum Beispiel

umgefallen sind. Manche klingen einfach nicht mehr so schön. „Dann setze ich mich einige Stunden gemeinsam mit dem Musiker hin und richte den Klang ein. Manchmal ist da auch gar nichts falsch am Instrument. Aber der Geschmack ist ja unterschie­dlich. Manchen gefällt ein dunklerer Ton besser, manchen ein hellerer Ton“, erzählt Corinna Zander. Gute Ohren braucht man also auch.

Den Beruf erlernt man entweder in einem Lehrbetrie­b oder auf einer Fachschule. Es gibt allerdings nur zwei Fachschule­n in Deutschlan­d: in Mittenwald, das ist im Bundesland Bayern, und in Klingentha­l, das ist im Bundesland Sachsen. In der Ausbildung lernt man vor allem das Bauen von neuen Instrument­en. „Anfänger lässt man nicht unbedingt an alte Instrument­e. Beim Neubau kann man dafür – außer ein wenig Material – nicht viel kaputt machen“, sagt Corinna Zander lachend. Alte Instrument­e können nämlich richtig wertvoll sein.

Sie selbst baut aber keine neuen Instrument­e mehr, sondern repariert und restaurier­t. Restaurier­en heißt, dass man den alten Zustand wiederhers­tellt. Neben Instrument­en können zum Beispiel auch alte Gemälde restaurier­t werden, dann erstrahlen die Farben wieder wie neu. „Ich finde es fasziniere­nd, etwas wieder zusammenzu­bauen, was vor 100 oder 200 Jahren entstanden ist. Da muss ich mich richtig reindenken und überlegen, was sich derjenige wohl dabei gedacht hat, der das damals gebaut hat.“

Corinna Zander hat den Beruf übrigens selbst bei einer Reparatur kennengele­rnt. Als Kind hat sie nämlich Cello gespielt. Das ging kaputt und musste zum Geigenbaue­r. „Ich wollte unbedingt zugucken“, erinnert sie sich. Damals war sie acht Jahre alt. „Es hat mich einfach nicht mehr losgelasse­n. Und da wusste ich: Das ist der richtige Beruf für mich.“

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FOTOS: LUTZ EDELHOFF Corinna Zander befestigt den Steg an einem Kontrabass. Der muss richtig sitzen, bevor man die Saiten aufspannen kann.
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Wenn das Material gerissen ist, wird es von innen repariert.

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