Wunderbar fließende Streichertöne
Philharmonisches Orchester reich mit Beifall bedacht
Gera. Das mache erst einmal einer oder eine nach: Traumhaft sicher und mit zu Herzen gehendem, seelenvollem Ton durch unbekanntes, klippenreiches Terrain zu steuern.
Das Kunststück gelang in dieser Woche der Solistin beim 3. Abonnementskonzert des Philharmonischen Orchesters Altenburg-gera, als Mieczyslaw Weinbergs 1948 komponiertes Cellokonzert in c-moll auf dem Programm stand. Das ist aber noch nicht alles: Die reich mit Beifall bedachte Südkoreanerin Seo Young Lee – zweifellos eine Musikerin von außerordentlichem Rang – kommt auch noch aus den eigenen Reihen, ist seit 2020 in Ostthüringen als Solocellistin verpflichtet. Die Zugabe – ein vor Raffinesse strotzender Sonatensatz des Bach-zeitgenossen Francesco Xaverio Geminiani – bestritt sie gemeinsam mit ihrem Cello-kollegen Friedemann Herfurth. Mit
Sinfonietta Nr. 2 op. 74 aus dem Jahre 1960 war im Geraer Konzertsaal ein weiteres Werk Weinbergs zu hören, der 1939 aus seiner polnischen Heimat in die Sowjetunion floh und später auch dort blieb. Außerdem erklangen noch die seinerzeit für ein Komponisten-schulwerk geschaffenen Fünf Stücke für Streichorchester von Paul Hindemith. In beiden Fällen war es wie im Cellokonzert: Die Interpreten gingen unter einem so entfesselt wie präzise agierenden Chefdirigenten Ruben Gazarian so vehement zur Sache, dass es schwerfiel, zu einem klaren Urteil über die Noten zu kommen, die auf den Pulten lagen. So manche behäbig hin und her gewendete Passage bei Hindemith, manche etwas skizzenhaft oder leicht ausrechenbar anmutende Wegstrecke bei Weinberg bekamen dank des an den Tag gelegten Temperaments und des wunderbar fließenden, enorm wandlungsfähigen Streichertons ungeahnten Schwung und Glanz.