Die Ungewissheit läuft mit
Bei seinem verspäteten Saisoneinstieg setzt Biathlet Philipp Horn große Hoffnungen in sein runderneuertes Gewehr
Oberhof. Sandro Brislinger ist schon vor einige Herausforderungen gestellt worden. Seit rund 25 Jahren fertigt der Oberhofer Büchsenmacher die Waffen für die deutschen Biathleten. In seiner Werkstatt in der Kaserne „Am Rennsteig“sind die Stars der Szene ein- und ausgegangen: Uschi Disl und Frank Luck, Kati Wilhelm und Sven Fischer, Magdalena Neuner und Arnd Peiffer. Und noch viele mehr. Brislinger baute allen ein individuell angepasstes Gewehr; erfüllte spezielle Wünsche und besondere Vorlieben, damit die Skijäger möglichst eins werden mit ihrem Arbeitsgerät.
Doch im Frühsommer war selbst der erfahrene Waffenmeister ein ums andere Mal verblüfft. Philipp Horn, der Aufsteiger im deutschen Team, hatte ihn nach schwachen Schießleistungen im letzten Saisondrittel mit so vielen Neuerungsvorschlägen bestürmt, dass Brislinger oftmals nur mit dem Kopf schüttelte. „Da waren schon einige verrückte Ideen dabei“, gibt Horn rückblickend zu. „Aber ich wollte unbedingt etwas ändern, nachdem ich vor allem liegend versagt hatte.“
Bis auf 71 Prozent war seine Trefferquote im Liegendanschlag abgerutscht. Ein Wert, mit dem man keine Chance im illustren Feld der Weltbesten hat. Nach wochenlanger Tüftelei kam er mit Brislinger schließlich überein – und erhielt einen völlig neugeformten Schaft. „Jetzt habe ich weniger Bewegung auf dem Lauf, fühle mich einfacher sicherer“, beschreibt es der Mann vom SV Eintracht Frankenhain.
Erstmals in einem Wettkampf kommt die neue Waffe nun an diesem Freitag im Sprint von Hochfilzen (Österreich) zum Einsatz. Am Montagabend war Horn wieder zur deutschen Mannschaft gestoßen. Die ersten beiden Weltcups in Finnland hatte er aufgrund nicht eindeutiger Corona-Testergebnisse vorsorglich ausgelassen. Statt mit der Konkurrenz um Plätze und Punkte in Kontiolahti zu kämpfen, trainierte er ganz allein in Oberhof: „Das war echt komisch, weil man gar keinen Anhaltspunkt hatte. Nur gut, dass sich mein früherer Schülertrainer Uwe Lesser ein bisschen um mich kümmern konnte.“Neben den täglichen Einheiten standen auch umfangreiche medizinische Untersuchungen, inklusive der Corona-Tests, auf dem Programm. Obwohl er während der ganzen Zeit keine Krankheitssymptome zeigte, wollte man kein Risiko eingehen.
„Ich freue mich einfach, dass es jetzt auch für mich losgeht“, sagt Horn und ist gespannt, wie er sich in seiner zweiten kompletten Saison bei den Großen schlägt. Im vergangenen Winter war er auf Platz 18 im Gesamtweltcup gestürmt und hatte mit der Staffel in Antholz WMBronze gewonnen.
„Ich spüre schon, dass dadurch die Erwartungen von außen gestiegen sind“, verrät der laufstarke Thüringer. „Aber das ist okay. Ich habe ja auch selbst den Anspruch, mich immer weiter zu verbessern und meinen Platz in der Weltcup-Mannschaft zu festigen.“Ob er bei seinem Saisoneinstieg gleich ein ähnliches Ausrufezeichen setzen kann wie Kumpel Erik Lesser in Kontiolahti (Platz drei im Einzel), bleibt abzuwarten. Zwar hatte ihm eine KnieOperation im Juni nur kurz aus dem Tritt gebracht. Doch vor den Turbulenzen um seine Corona-Tests plagten den 26-Jährigen beim Lehrgang in Muonio Rückenschmerzen, die keinen Start bei den internen Wettkämpfen zuließen.
Horn: „Auch deshalb weiß ich nicht so recht, wo ich momentan stehe.“Und vor allem, wie es sich liegt mit der neuen Waffe.