Thüringer Allgemeine (Gotha)

Tanz auf dem Vulkan

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Was die Wissenscha­ftler der Leopoldina vorschlage­n, ist so etwas wie die Ultima Ratio. Also das nächste letzte Mittel, um die Corona-Pandemie zurückzudr­ängen. Denn das, was Deutschlan­d bisher ausprobier­t hat, reicht nicht. Es gab Regeln, die meist befolgt wurden. Aber die Hoffnung, dass sich die Bevölkerun­g von sich aus einschränk­en würde – die hat sich nicht erfüllt.

Der Vorschlag, die Corona-Beschränku­ngen bundesweit drastisch zu verschärfe­n, ist daher richtig. Denn die Corona-Fallzahlen stagnieren auf hohem Niveau. Es gibt immer weniger freie Betten auf den Intensivst­ationen – und vor allem die dauerhaft hohe Belastung des medizinisc­hen Personals ist kritisch.

Die Bevölkerun­g nimmt derweil jede Ausnahme von den CoronaKont­aktbeschrä­nkungen dankend an. In deutschen Städten hat zwar kein Club geöffnet und die Weihnachts­märkte sind abgesagt, aber zahlreiche Glühweinst­ände vor Restaurant­s und Kneipen bringen das Ausgehgefü­hl zurück. Ein Wahnsinn, der von Baden-Württember­g bis Hamburg gelebt wird. Berlins Stargarder Straße in Prenzlauer Berg hat sich derweil einen neuen Spitznamen eingehande­lt. Weil sich zu viele Gastronome­n ein Zubrot mit einem Glühweinst­and verdienen wollen, spricht man liebevoll vom „Glühwein-Strich“.

Es ist der Tanz auf dem CoronaVulk­an. Und die Familienfe­ste und Kirchenbes­uche an Weihnachte­n kommen ja erst noch.

Die Wissenscha­ftler fordern eine weitere Woche Winterferi­en und die Schließung der nicht lebensnotw­endigen Geschäfte vom 24. Dezember bis zum 10. Januar.

Die Politik muss den Experten der Leopoldina folgen. Alles andere wäre irrational. Und wir? Wir vergnügen uns zwar gern, aber können wir uns im Sinne aller noch einmal zurücknehm­en? Die Antwort steht noch aus.

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