Fataler Flickenteppich
Feierfreudige Berliner gefährden also die weitere Eindämmung des Coronavirus. Lieber „Party statt Panik“lautet ihr Motto. Sie scheren sich weder um Abstand noch um Anstand. Sekt (im besten Fall) vernebelt ihre Sinne, wo Selters für einen klaren Kopf sorgen müsste.
Damit bringen einige Unbelehrbare nicht nur sämtliche Hauptstädter, die sich überwiegend an die Regeln halten, in Verruf. Sie sorgen auch dafür, dass manche Bundesländer Schutzmaßnahmen ergreifen, weil sie sich ihren durch Disziplin erzielten Erfolg beim Kampf gegen Covid-19 nicht durch egoistische Fetengänger gefährden lassen wollen. Das ist nachvollziehbar. Zumal der deutsche Föderalismus solche Alleingänge ermöglicht.
Die Kritik an dem Vorpreschen ist allerdings ebenso berechtigt. Wenn lediglich Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz Einreisebeschränkungen mit Quarantäneregeln und Pflichttests für CoronaHotspots festlegen, und andere Bundesländer von solchen Restriktionen nichts wissen wollen, ist das alles andere als eine vertrauensbildende Maßnahme.
So stützen sich Hessen, Hamburg, Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und das Saarland bei der Ausweisung von besonders betroffenen inländischen Gebieten auf die Zahlen des Robert-Koch-Instituts. Eine Quarantäne für Reisende aus den Regionen wurde in diesen Bundesländern nicht angeordnet. Es gelten aber Übernachtungsverbote für Hotel- und Pensionsgäste.
Die Bezeichnung „verwirrender Flickenteppich“umreißt das Nebeneinander verschiedener Vorschriften nur zu gut. Und man kann Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) zustimmen, der von einem „Rückfall in Kleinstaaterei“spricht, der für Verunsicherung sorge und die Akzeptanz der Corona-Regeln gefährde.
Zweierlei bleibt zu hoffen: Zum einen, dass auch bei urbanen Partylöwen die Vernunft siegen möge. Zum andern, dass sich die Bundesländer, wenn sie über das weitere Vorgehen beraten, auf eine gemeinsame Linie verständigen.