Thüringer Allgemeine (Gotha)

Wie seriös ist Trumps Leibarzt?

Der US-Präsident vertraut Dr. Sean Conley – doch dem Mediziner mangelt es an Glaubwürdi­gkeit

- Von Dirk Hautkapp

Washington. Um zu verstehen, warum Sean Conley, der Leibarzt des amerikanis­chen Präsidente­n, gerade einen schweren Stand hat, muss man an seinen Quasi-Vor-Vorgänger erinnern. Dr. Harald Bornstein hatte Donald Trump 2015 etwas attestiert, was in der Hall of Fame der Quacksalbe­rei eine Ehrenvitri­ne verdient: „Wenn Mr. Trump gewählt würde“, so der Mediziner damals, „das kann ich ohne jeden Zweifel feststelle­n, wäre er die gesündeste Person, die jemals zum amerikanis­chen Präsidente­n gewählt werden würde.“Später stellte sich heraus, dass Trump dem langhaarig­en Hausarzt das wohlwollen­de Bulletin Wort für Wort in den Block diktierte hatte. Warum, fragen kritische Stimmen nicht nur in sozialen Medien, sollte es bei Sean Conley eigentlich anders sein?

Seit der 40-jährige Vater von drei Kindern am Samstag vor dem Walter-Reed-Militärhos­pital vor den Toren Washington­s ans Mikrofon trat und einen später mehrfach ergänzten, korrigiert­en und teilweise bewusst in die Irre führenden Befund über Amerikas bekanntest­en Corona-Patienten abgab, steht die Lauterkeit des Arztes zur Debatte. Und sein Werdegang.

Denn Conley ist kein klassische­r Arzt. Er erwarb seinen Doktortite­l vor 14 Jahren an einer Universitä­t in Philadelph­ia in Osteopathi­e (wörtdass lich: Knochenlei­den). Dabei handelt es sich um eine ganzheitli­che Heilmethod­e, die in Deutschlan­d mit Handaufleg­en und sanfter Massage verbunden wird, in den USA jedoch enger an die herkömmlic­he Medizin angelehnt ist.

Ganz gleich, ob es um Trumps Fieberkurv­e ging oder die Tatsache, er zusätzlich­en Sauerstoff verabreich­t bekam, oder den ominösen Befund der präsidiale­n Lunge: Conley liefert die Wahrheit über den Gesundheit­szustand seines wichtigste­n Patienten nur in homöopathi­schen Dosen.

Als die Sache aufflog, massierte Conley am Sonntag nach. Tenor: Ich wollte nichts verlauten lassen, was den positiven Verlauf der Krankheit Trumps in der Wahrnehmun­g der Öffentlich­keit „in eine andere Richtung gelenkt“hätte, sagte er. Darum seien medizinisc­he Fakten, etwa Trumps ernster Zustand am Freitag, weggelasse­n worden. Mit anderen Worten: Conley darf nur sagen, was Trump für die Außendarst­ellung genehmigt hat.

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F.: DPA Diagnose von Trumps Gnaden? Sean Conley, Leibarzt.

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