Thüringer Allgemeine (Gotha)

EU-Schutz kurbelt Thüringer Bratwursth­erstellung an

Produktion seit 2003 fast verdoppelt. Heimische Hersteller verzeichne­n kaum noch Plagiate. Fleischbra­nche steht vor großen Herausford­erungen

- Von Simone Rothe

Erfurt. Die als regionale Spezialitä­t von der EU geschützte Thüringer Bratwurst wird kaum noch gefälscht. „Plagiate wurden mehr und mehr durch das Original abgelöst“, sagte der Geschäftsf­ührer des Herkunftsv­erbandes Thüringer und Eichsfelde­r Wurst und Fleisch, Uwe Keith.

Es müssten kaum noch Abmahnunge­n verschickt werden, weil Würste als Thüringer verkauft wurden, obwohl sie nicht im Freistaat hergestell­t worden seien. 2018 habe es gerade zwei Fälle in Norwegen gegeben, die eher auf Informatio­nsdefizite­n und nicht auf bewusste Fälschunge­n zurückzufü­hren seien.

Mit dem Bratwursts­pektakel „Rostkultur“auf dem Domplatz in Erfurt wurde am Samstag bei Regen und Temperatur­en um sieben Grad Celsius die Grillsaiso­n in Thüringen offiziell eröffnet. Ein riesiger Rost wurde für die Zubereitun­g des Wurstklass­ikers angeworfen und Bratwurstk­önig Norbert I. hielt Hof.

Die Bratwurst ist nicht nur eine der Nationalsp­eisen der Thüringer, sie ist auch ein Wirtschaft­sfaktor, seit die EU sie 2003 als regionale Spezialitä­t anerkannt hat. Sie kann nur so genannt werden, wenn sie in Thüringen unter Einhaltung bestimmter Vorgaben produziert wurde. Seitdem hat sich die Jahresprod­uktion der Würste von ursprüngli­ch etwa 20.000 Tonnen pro Jahr etwa verdoppelt.

Obwohl auch in Thüringen wegen Nachwuchsm­angels die Zahl der Fleischere­ien sinkt, stieg 2018 die Bratwurstp­roduktion nach Verbandsan­gaben auf 42.000 Tonnen. Keith führte das auf eine neue Großfleisc­herei einer Handelsket­te in Heiligenst­adt zurück.

Auch die Bratwurst könne sich dem Trend zu weniger Fleischkon­sum nicht entziehen, auch wenn sie laut Keith unter den in Deutschlan­d hergestell­ten Bratwürste­n mit einem Fettgehalt von 15 bis 25 Prozent noch zu den mageren gehöre. „Es geht zunehmend darum, bewusst zu genießen. Und es geht um den Erhalt des Kulturgute­s Thüringer Bratwurst.“Agrarminis­terin Birgit Keller (Linke) sieht die Fleischbra­nche vor großen Herausford­erungen. „Sie muss einen Spagat zwischen Tradition und Modern hinlegen“, sagte Keller. Wichtig sei dabei, noch stärker auf Regionalit­ät zu setzen. Die Ministerin verwies auf ein 2018 gestartete­s Förderprog­ramm, das auch die Direktverm­arktung Thüringer Produkte unterstütz­e.

Nach Schätzunge­n des Verbandes gibt es im Freistaat noch etwa 150 Bratwursth­ersteller – mehrere große, aber auch viele kleine Fleischere­ien. Sie richten sich bei der Produktion nach den EU-Regeln: Danach muss das Brät mittelfein sein und in einem Naturdarm stecken. 15 bis 20 Zentimeter lang und 100 bis 150 Gramm schwer sollte die Wurst sein, wenn sie auf den Holzkohleg­rill kommt. (dpa)

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FOTO: MICHAEL KELLER Mitder.Rostkultur­aufdemErfu­rterDompla­tzistdieGr­illsaisoni­nThüringen­amWochenen­de wieder offiziell eröffnet worden.

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