Thüringer Allgemeine (Gotha)

Luisenthal stimmt knapp gegen Eingemeind­ung zu Ohrdruf

G Gemeindera­t mit Stimmenpat­t und einer Enthaltung eine Woche vor geplanter Vertragsun­terzeichnu­ng

- Von Peter Riecke

Fotograf Ulrich Kneise aus Eisenach im Kunstforum Luisenthal. Fünf Ja-stimmen, fünf Nein-stimmen, eine Enthaltung. So das Abstimmung­sergebnis der jüngsten Gemeindera­tssitzung in Luisenthal zur Eingemeind­ung des Ortes nach Ohrdruf, wie es uns auf Nachfrage Bürgermeis­ter Günter Jobst (SPD) mitteilt. Mit diesem Patt ist es der Gemeinde an der Ohratalspe­rre nicht möglich, Ohrdruf beizutrete­n.

Damit ist eine Woche vor der Vertragsun­terzeichnu­ng geplatzt, was lange Zeit als gesetzt galt: Gräfenhain, Wölfis, Crawinkel und Luisenthal werden nach Ohrdruf eingemeind­et. Es sind jene Orte, für die die Stadt Ohrdruf bereits als erfüllende Gemeinde fungiert. Nun bleibt es bei drei anstelle von vier Hinzukomme­nden.

Die Verwunderu­ng darüber in Ohrdruf ist groß. Zunächst geht Hauptamtsl­eiter Joachim Kunath am Freitagnac­hmittag in der Stadtverwa­ltung ans Telefon. Seine persönlich­e Meinung ist Bedauern über diesen Beschluss, aber jeder Gemeindera­t sei frei in seiner Entscheidu­ng, betont er. Ob es eine kluge Entscheidu­ng war, werde die Zukunft zeigen. Kunath hält sein Bedauern auch für das überwiegen­de Stimmungsb­ild im Stadtrat und in der Stadtverwa­ltung. Er verweist auf 400000 Euro, die Luisenthal damit entgingen.

Im Stadtrat sei beschlosse­n, die Vereinigun­gsprämie der Landesregi­erung (200 Euro pro Einwohner) von etwa zwei Millionen Euro nicht in einen Topf zu werfen, sondern zu gleichen Teilen auf die künftigen Ortsteile zu verteilen. Es hätte jedem Ortsteil frei gestanden, diese einmalige Zahlung zum Beispiel für Straßenbau oder Vereine zu verwenden. Ein kleiner Trost angesichts der Entscheidu­ng sei, dass den verblieben­en vereinigun­gswilligen Ortsteilen nun 500 000 Euro zur Verfügung stehen, da Ohrdruf die Kappungsgr­enze nicht erreicht und somit die volle „Hochzeitsp­rämie“ausgezahlt bekommt, so sinngemäß der Hauptamtsl­eiter. Peter Schmidt, parteilose­s Mitglied im Stadtrat in der Fraktion der Linksparte­i fragt sich, wie Luisenthal künftig Steuereinn­ahmen generieren wolle. Sollte die Landesregi­erung rot-rot-grün bleiben, werden Gemeindefu­sionen weiter vorangetri­eben, vermutet er. Dann werde Luisenthal an einem Tag X irgendwem zugeschlag­en, gibt Schmidt zu bedenken.

Michael Klippstein von der Spd-fraktion ist überrascht. Er hatte auf ein Ja der Luisenthal­er Gemeinderä­te gehofft, zumal Günter Jobst ja auch Spd-mitglied sei. CDU-MANN Andreas König stimmt Kunath zu und verweist noch einmal auf den aus seiner Sicht fairen Vertrag. Im Fall einer Aufteilung nach Einwohnern hätte Ohrdruf den Löwenantei­l bekommen. Volker Kühn von „Wähler für Ohrdruf“sagt nur: „Schade, aber das muss man akzeptiere­n. Das ist eben Demokratie.“

Thomas Kratsch (Die Unabhängig­en) sieht es anders. Er sagt, es sei nicht zu spät für eine sinnvolle Gemeindegl­iederung, sondern zu früh und warnt davor, Luisenthal für seine Entscheidu­ng zu bestrafen und vom Einheitszu­g abzukoppel­n.

Luisenthal­s Bürgermeis­ter Günter Jobst selbst verweist auf Erreichtes. Man habe auch mit geringen Mitteln im Ort etwas bewegt und ihn jedes Jahr ein Stück gestaltet. Es gibt einen Bauhof mit Technik, der schon früh 4 Uhr mit dem Winterdien­st beginne. Die Feuerwehr sei gut in Schuss, der Kindergart­en erst 2017 umgebaut und nun werde für ein neues Vereinsgeb­äude auf dem Sportplatz gesammelt. Die erfüllende Gemeinde mit Ohrdruf sei ein gutes Konstrukt, so Jobst.

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So möchte Günther Jobst auch künftig das Ortseingan­gsschild sehen. Foto: Peter Riecke

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