Cannabis-Verein hält Plätze für Studenten frei
Sobald die Genehmigung eintrifft, will der „Social Club“mit dem Anbau beginnen. Die Halle strotzt vor Hightech
Erfurt. In einem engen Raum werfen Speziallampen violettes Licht auf Gärtnertische: Wer gerne NarcoKrimis schaut, kennt diesen Anblick. Auch die Polizei veröffentlicht manchmal solche Fotos, wenn sie einen Erfolg vermeldet: So sieht es in einem Drogenlabor aus. Hier, in einer Halle außerhalb von Erfurt, ist jedoch alles ganz legal.
Zumindest seit dem 1. Juli. Seit diesem Zeitpunkt dürfen CannabisVereine in Deutschland die Rauschpflanze anbauen und die Ernte an ihre Mitglieder verteilen. Der Erfurter Cannabis Social Club (CSC) hat die erlaubten 500 Mitglieder fast beisammen und will im November die ersten gut 25 Kilo ernten.
Noch hat der Anbau nicht begonnen. Tatsächlich geht dem Gärtnern ein aufwendiges Genehmigungsverfahren voraus. „Wir hoffen, dass im August die Genehmigung vorliegt und wir mit dem Anbau beginnen können“, sagt Hermann Klatt, der Erfurter Vereinschef. Bis zur ersten Ernte dauert es dann drei Monate.
Er führt durch die Halle, die der Verein in den letzten Monaten für rund 200.000 Euro aufwendig präpariert hat. Fünf Anbauräume, jeder so groß wie eine Garage, sind bereits so gut wie einsatzbereit. Die Halle ist mechanisch und elektronisch mehrfach gesichert, etwa mit Kameras und Panzerstahlplatten.
Der Erfurter CSC setzt auf Hightech. Nichts wird dem Zufall überlassen, wenn es darum geht, die Pflanzen unter optimalen Bedingungen wachsen zu lassen. „Als Vereinschef ist es mein Ziel, hochqualitatives Cannabis für unsere Mitglieder anzubauen“, sagt Hermann Klatt. In jedem Raum stehen vier Ebbe-und-Flut-Tische aus dem professionellen Gartenbau. Die Tische haben ihren Namen von der automatischen Bewässerung: Wasser wird zu den Wurzeln gepumpt und wieder abgelassen, wenn die Wurzeln sich vollgesogen haben.
500 Meter an Kabeln wurden verlegt. Es gibt eine kontrollierte Klimatisierung und eine KohlendioxidBegasung. In zwei Räumen wird das künstliche Licht durch Leuchten erzeugt, die in der Kombination ihrer Eigenschaften wohl weltweit einzigartig sind.
„Sie sind wassergekühlt und haben einstellbare Farbspektren“nennt Klatt zwei Beispiele. Durch unterschiedliche Lichtfarben können zum Beispiel abhängig von der Wachstumsphase die Jahreszeiten nachgebildet werden.
Die Leuchten hören auf den Namen Violedsun und stammen von der Metec GmbH in Erfurt Südost. „Es ist ein Pilotprojekt“, sagt der
Geschäftsführer Michael Reichardt. Angesichts der vielen Cannabis-Clubs in Deutschland sieht er einen Markt und plant, mit den Spezialleuchten in die Produktion zu gehen.
Die besondere Anbauhalle hat auch schon die Wissenschaft auf den Plan gerufen. „Wir planen eine Kooperation mit der Fachhochschule Erfurt“, betätigt Vereinschef Klatt. Die FH bietet künftig „Cannabisanbau“als Wahlpflichtfach im Studiengang „Gärtnerischer Pflanzenbau“an. An der FH wird mit wirkstofffreiem Cannabis gearbeitet. Studenten, die zu THC-haltigem Cannabis forschen wollen, erhalten die Möglichkeit beim Erfurter Verein.
„Wenn Studierende mit unseren Pflanzen umgehen wollen, müssen sie Mitglied im Verein sein“, erläutert Hermann Klatt. Für diesen Fall halte der CSC sogar extra 20 Plätze frei. Eine Studentin plane zum Beispiel, durch Anbau-Experimente Ersatzstoffe für Torf in der Blumenerde zu finden.
Auch die Martin-Luther-Universität Halle zeige Interesse am Erfurter Hightech-Rausch. Dort soll erforscht werden, welchen Einfluss die UV-Strahlung der Speziallampen auf die Geschmacksstoffe im Cannabis habe. „Die Erkenntnisse könnten weltweit ganz schön Wellen schlagen“, meint Hermann Klatt.
Die Wissenschaft ist freilich nur Begleiter. Hermann Klatt macht keinen Hehl daraus, dass der Anbau dem Cannabisgenuss der Mitglieder dient.
„Der gesellschaftliche Nutzen wird unterschätzt“, findet er. „Angesichts der zahllosen CannabisClubs in Deutschland werden dem Schwarzmarkt und der Drogenkriminalität Milliarden entzogen.“
Der Anbau beginne mit fünf Sorten. Später, wenn die Anbaufläche wie geplant verdoppelt ist, könnten es bis zu 18 Sorten werden. Die Abgabe an die Mitglieder soll in einem dezenten Vereinsbüro im Erfurter Zentrum erfolgen, das aus verschiedenen Optionen noch ausgewählt werden muss.