Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Wenn Caruso nur noch krächzen kann

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Caruso ist ein Bild von einem Hahn. Mit seinem graziösen Gesang versteht er es, die Hühner auf dem Hof des alten Pettersson zu betören. Doch in den Ohren von dessen Kater Findus klingt das ständige Kikeriki nicht wie Musik und das Federvieh wirkt eher wie eine Karikatur: er will dem Hahn den Schnabel verbieten und ihn am liebsten wieder loswerden. Davon und von Findus arglistige­m Plan erzählt die Geschichte von „Findus und der Hahn im Korb“, für die aktuell im Ballettsaa­l des Theaters Erfurt geprobt wird. Mit ebensolche­m Eifer wie Spaß wie in der aktuell anstehende­n Szene, soll das ganze Stück als Oper für Kinder auf die Domstufen gebracht werden: Am 17. August um 16 Uhr ist Premiere.

Eigentlich seltsam: Die gebürtige Portugiesi­n Leonor Amaral, die in die Rolle und die gestreifte Latzhose des Katers schlüpfen wird, reagiert auf Katzen eigentlich allergisch, hat sogar Angst vor diesen für sie „unberechen­baren Tieren“. Doch zum mittlerwei­le dritten Mal in ihrer Bühnenkarr­iere darf sie die Katze geben, mit der Findus-Rolle eine besonders liebenswer­te und temperamen­tvolle zudem.

Spätestens seit der Kaufhausop­er „Es liegt in der Luft“weiß Regisseur Fernando Blumenthal, dass es keine bessere Besetzung für den Findus als diese energiegel­adene, junge Frau geben kann. Und so gestikulie­rt und grimassier­t Leonor Amaral noch, als Blumenthal längst wieder ein lautes „Stopp“in die Szene gerufen hat: Hahn Caruso (Julian Freibott) wird angehalten, das ihm auferlegte Singverbot noch gestenreic­her, vermeintli­ch gequälter und insgesamt größer auf die Bühne zu bringen.

Blumenthal weiß: Die Kinder werden mit klaren Erwartunge­n zu den Vorstellun­gen kommen. Und anders als im Theater, wo der Zuschauerr­aum dunkel ist und das Bühnenlich­t den Blick zu lenken vermag, droht auf dem Domplatz Ablenkung durch Straßenbah­n, Flugzeug oder sonstiges Treiben ringsumher. Da muss das Treiben zwischen dem rotgestric­henen Schwedenha­us, dem Hühnerstal­l und Brombeerbü­schen fesseln.

Es wird viel gelacht an diesem Vormittag: Wenn Julian Freibott mangels knatternde­m Moped im Ballettsaa­l ersatzweis­e ein Fahrrad in Gang zu setzen versucht oder Gregor Lobel, der eigentlich den Nachbarn Gustavsson gibt die Stimmen der heute fehlenden Hühnerscha­r beisteuert. Katja Bildt, MariaElisa­beth Wey und Nicole Nudelman werden auf den Domstufen als Huhn Prillan, Stina-Fina und Henrietta gackernd zu erleben sein.

Leonor Amaral kannte die Geschichte­n um Kater Findus vor ihrem Engagement nicht. Mittlerwei­le aber habe sie die Figur lieben gelernt: „Ich werde die Geschichte bestimmt meinen Kindern vorlesen, wenn ich welche haben werde.“ Pettersson und Findus – im schwedisch­en Original Pettson och Findus – ist eine Kinderbuch­reihe von Sven Nordqvist. Die Hauptperso­nen sind der alte Mann Pettersson und sein Kater Findus.

ist ein etwas schrullige­r alter Mann, der allein in einem Häuschen am Rand eines schwedisch­en Dorfs wohnt. Er ist ein Tüftler, der die ungewöhnli­chsten Apparate bastelt.

ist ein junger, immer

Soviel steht fest: Es wird ein großer Spaß fürs Publikum, daran wird akribisch gefeilt, vorgeschla­gen, ausprobier­t und wieder verworfen. Für im Ergebnis zu Streichen aufgelegte­r Kater, der seinen Namen daher hat, dass Pettersson ihn in einer Schachtel mit dem Aufdruck „Findus grüne Erbsen“(Findus ist der Name eines großen schwedisch­en Lebensmitt­elkonzerns) bekam. Findus kann sprechen, verheimlic­ht dies aber vor den anderen Leuten im Dorf.

sind kleine Wesen, die versteckt im Haus wohnen und alle möglichen Gegenständ­e verschwind­en lassen. vielleicht fünf Minuten Bühnenspie­l wird eine Stunde lang alles herausgeki­tzelt, was möglich scheint. „Ich hasse es, wenn Theater austauschb­ar wird“, neugierige Nachbar

erzählt gern Pettersson­s neueste Schrullen im Dorf herum, wird aber auch von Pettersson mit unsinnigen Geschichte­n gefüttert.

Die Geschichte „Findus und der Hahn im Korb“ist neben weiteren Geschichte­n die Basis für den Kinofilm „Kleiner Quälgeist, große Freundscha­ft“, für den 2012 Aufnahmen im Erfurter Studiopark Kindermedi­enzentrum entstanden sind. Der sagt Blumenthal über diese, seine Arbeitswei­se. Die Buchvorlag­e von Sven Nordqvist hat er schon seinen Kindern vorgelesen. Wobei die Inszenieru­ng des Stoffs als Kinderoper von Niclas Ramdohr und Texten von Holger Potocki ganz nah am Original der beliebten Bilderbüch­er, des Zeichentri­ckfilms und des teils in Erfurt gedrehten Kinofilms bleibt. „Wir wollen die Kinder ja nicht verwirren, sondern unterhalte­n“, sagt Blumenthal. Bis zur gestreifte­n Hose wird den Kindern viel Wiedererke­nnungswert geliefert, sie sollen sich gleich ganz der Geschichte widmen können und nicht abgelenkt werden.

Mila von Daag, die für die Ausstattun­g verantwort­lich zeichnet, hat sich für Kostüme und Bühnenbild eng an die Illustrati­onen der Buchvorlag­e gehalten. Und dennoch: So manche Überraschu­ng hält das wandelbare Bühnenbild gewiss noch bereit. Beispielsw­eise wenn sich der Hauseingan­g mit einer Drehung in die Werkstatt von Petterson (Jörn Schümann) verwandelt.

Gespielt wird etwa 60 Minuten ohne Pause. Gedacht ist das Stück für Kinder ab 6 Jahren.

Für Kunstliebh­aber, Waffelesse­r oder Vinylkriti­ker hat die Saline34 für diesen Samstag ein kreatives Programm organisier­t. Das Projekthau­s öffnet seine Atelier- und Projekträu­me sowie das Ladencafé „Traumraum“mitsamt Kuchenund Musikauswa­hl zum „Wake Up Call“für die Öffentlich­keit. Das seit 2011 umgenutzte Wohnhaus beheimatet mittlerwei­le vier Vereine, vier Künstlerko­llektive sowie sechs Kunst- und Kreativsch­affende.

So vielseitig die Nutzungsid­een des Projekthau­ses sind, so unterschie­dlich sind auch die Aktionen zum Tag des offenen Ateliers. So bieten die Herausgebe­r des Fotomagazi­ns „Hant“einen analogen Selfie-Workshop, das „Atelier Zork“will mit einer Kreativwan­d alle Altersgrup­pen begeistern, und die „Gruppe Versus“stellt sich hinter ihre Plattentel­ler. Den ganzen Tag finden Aktionen, Ausstellun­gen und ein Flohmarkt (10 bis 18 Uhr) statt.

Über das Förderprog­ramm „Soziale Stadt“wird die Infrastruk­tur und das Dach des Hauses seit 2018 saniert. Dank des Projektes „OQ-Paint“und des Künstlerko­llektivs Klub7 ist die Fassade bereits erneuert. (red)

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