„Kein Koppelungsgeschäft“
Mehrheit für Diezel als Landtagspräsidentin steht – damit sei nicht verbunden, dass sich ein SPD-Mann Hoffnung auf den Direktorenposten machen kann, wird betont
Erfurt. Birgit Diezel hat gestern seit längerer Zeit wieder mal an einer Sitzung der CDU-Landtagsfraktion teilgenommen. Die Ostthüringerin war erst am Vortag für Marion Walsmann nachgerückt, die sich ganz auf ihre Europawahlkandidatur 2019 konzentrieren will. Diezel hingegen soll am kommenden Mittwoch zur Landtagspräsidentin gewählt werden. So schnell wird aus einer Politikrentnerin die protokollarisch erste Frau des Freistaats.
Damit alles glatt geht, hat CDU-Fraktionschef Mike Mohring seine Abgeordneten darüber in geheimer Wahl abstimmen lassen. Das Ergebnis fiel deutlich aus: 22 Ja- und zwei Nein-Stimmen sowie zwei Enthaltungen. Allerdings fehlten acht Fraktionäre wegen anderer Termine oder Krankheit.
Dennoch dürfte kaum noch etwas schief gehen. Denn auch die Koalitionsfraktionen, auf die die CDU für die nötige Mehrheit angewiesen ist, haben Zustimmung signalisiert. Ex-Finanzministerin Diezel, die vor dem Ende Oktober zurückgetretenen Christian Carius bereits in der 5. Legislaturperiode Landtagspräsidentin war, bringt aus rot-rotgrüner Sicht die richtigen Eigenschaften mit, um das neue Amt überparteilich auszufüllen.
Kurioserweise hatte SPDFraktionschef Matthias Hey schon vor dem gescheiterten ersten Wahlversuch in der November-Landtagssitzung, bei dem CDU-Mann Michael Heym durchfiel, Diezel ins Spiel gebracht. Allerdings vor allem, um Druck auf Carius auszuüben, damit dieser sein Mandat niederlegt. Dieses Unterfangen ist zwar gescheitert, aber das Endergebnis stimmt. Nur warum die CDU nicht sofort Diezel nominiert habe, „das ist uns allen ein Rätsel“, sagt Hey. Dass die Union nun Diezel ins Rennen schicke, spreche für eine „sehr sehr dünne Personaldecke“, meint Linke-Fraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow
Lediglich die AfD werde Diezel nicht wählen, sondern „sich enthalten“, kündigte Fraktionschef Björn Höcke an.
Auch das Amt des Landtagsdirektors muss neu besetzt werden. Hier wird weiter darüber spekuliert, ob die künftige Präsidentin als Dank für die Unterstützung, einen Abteilungsleiter mit SPD-Parteibuch an die Spitze der Verwaltung setzt. Hey legte jedoch Wert darauf, es habe diesbezüglich „kein Koppelungsgeschäft gegeben“.
Er sei als Abgeordneter zwar nicht zuständig, plädiere aber dafür, die Stelle auszuschreiben, sagte Mohring.
Bevor der Landtag eine neue Spitzenkraft bekommt, steht am Wochenende aber eine weitere wichtige Personalie an. Erstmals seit Jahrzehnten kann sich die Bundes-CDU beim Parteivorsitz zwischen mehreren Bewerbern entscheiden. Mohring, der beim Parteitag in Hamburg einer von 1001 Delegierten sein wird, sagte, er habe für sich eine Entscheidung getroffen, wolle aber noch nicht sagen, ob er für Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, den Politikrückkehrer Friedrich Merz oder Gesundheitsminister Jens Spahn stimmen werde. „Alle drei sind gut für meine Partei“, betonte er.
Zur Profilschärfung der CDU, soweit mir als Sozialdemokrat überhaupt zusteht so etwas zu sagen, wäre Friedrich Merz vielleicht der Richtige“, so Hey. Dadurch könnten die Unterschiede zu den Christdemokraten besser rausgearbeitet werden.
Die AfD will sich bei der Wahl enthalten