Bodybuilding ist harte Arbeit am eigenen Körper
Reiswaffeln statt Kuchen, Eiweiß-Shake statt Feierabendbier. Wer in diesem Sport auf die Bühne will, braucht vor allem viel Leidenschaft und Disziplin
wenn die Trainings- und Ernährungspläne auf den Athleten individuell abgestimmt sind, stellen sich sichtbare Erfolge ein. Diese Erfahrung hat auch Mandy Kaufmann gemacht. Zwar sei sie schon immer ein sportlich aktiver Mensch gewesen, nach einem strukturierten Plan trainiert habe sie aber nicht. Erst über Pirch kam sie zum Gerätesport und hat gelernt, effektiv zu trainieren. Mit einer zusätzlichen Anpassung der Ernährung stelltensichbeiihrschnellerste Veränderungen ein. „Ich habe richtig gemerkt, wie sich die Muskulatur verbessert und stabiler wird“, erinnert sie sich an ihre Anfänge im Bodybuilding.
Als sie einmal aus Spaß beim Posing-Training einer Freundin mitgemacht hat, habe sie gutes Feedback bekommen und sich schließlich entschieden, sich selbst auf einen Wettkampf vorzubereiten. „Am härtesten ist die Wettkampf-Diät“, verrät sie. Denn das bedeute nicht nur tägliches Kraft- und Ausdauertraining, sondern auch zwölf Wochen lang einen strengen Ernährungsplan zu befolgen. „Oftmals wird unterschätzt, dass die Ernährung den Hauptteil des Erfolges ausmacht“, weiß die 31Jährige. Es habe sie gereizt, den Prozess zur Wettkampffigur einmal bis zum Schluss durchzuziehen und an ihre Grenzen zu gehen – auch psychisch. „Umso wichtiger ist es, in dieser Phase Unterstützung und Verständnis aus dem Umfeld zu erfahren“, betont sie.
Mitte Oktober bestritt die 1,70 Meter große und knapp 55 Kilogramm leichte Athletin bei der WFF deutschen Meisterschaft ihren ersten Wettkampf. Dass sie bei diesem in der Bikiniklasse der über 30-Jährigen als Siegerin hervorgehen würde, damit hatte sie nicht gerechnet. „Ich war überwältigt und zehre noch heute von diesem Glücksgefühl. Denn dieses Gefühl ist und bleibt unbeschreiblich“, strahlt sie. Auch Tina Nicole Asmus in der Damenklasse Sportmodel und Redouane Ofkir in der Männerklasse Extrembody dekorierten sich mit Edelmetall. Beide gewannen jeweils Silber. In der Teamwertung schafften es die drei Thüringer auf Platz drei.
„Der Wettkampf verlief für uns optimal mit maximalem Ergebnis“, zeigt sich Lothar Pirch zufrieden. Umso mehr bedauert er es, dass keiner seiner drei Schützlinge bei der Weltmeisterschaft in den USA antreten oder im November mit ihm nach Birmingham reisen wird, wenn zum 70. Mal der Titel „Mr. Universe“vergeben wird. „Leider haben alle drei keine Zeit, da sie berufstätig sind. Es ist schwer, Beruf und Leistungssport unter einen Hut zu bekommen“, erklärt er. Das Bodybuilding sei im Osten ohnehin kaum verbreitet und es fehlt die Förderung für den Sport. Dabei stünden die Chancen nicht schlecht für die Thüringer. Schließlich konnte etwa Redouane Ofkir in den vergangenen Jahren beweisen, dass er der internationalen Konkurrenz standhalten kann. bis Fuß. Zu den Hauptkriterien in der Schwergewichts-Klasse, in welcher der 1,86 Meter groß gewachsene und knapp 105 Kilogramm schwere Athlet startet, zählt vor allem die Verbindung von Muskelmasse und extremer Definition, so dass die einzelnen Muskelgruppen detailliert erkennbar sind und sich voneinander abgrenzen.
Anders verhält es sich mit dem Bewertungsmaßstab in der Bikiniklasse der Damen. Hier kommt es auf die Performance und ein stimmiges Gesamtbild
an. Statt harter Muskeln und sichtbarer Adern sei vielmehr eine schöne, feminine Ausstrahlung gefragt. Die Jury achte nicht nur auf die Posen im funkelnden Glitzerbikini, der zwischen 300 und 600 Euro kostet, sondern auch auf Details wie den passenden Schmuck und ein hübsch geschminktes Gesicht. „Bodybuilding ist eine Sportart, deren Maßstäbe ästhetischer Natur sind und bei der nicht die messbare Leistung das Ergebnis bestimmt“, sagt Lothar Pirch. Doch wieso tragen Bodybuilder dann diese unnatürliche braune Farbe auf? „Unter dem Scheinwerferlicht auf der Bühne wirken hellhäutige Athleten konturlos. Die dunkle Farbe hingegen macht die Struktur der Muskulatur besser sichtbar. Das hat etwas mit Licht und Schatten zu tun“, antwortet der Trainer. Und weiter: „Benutzt der Sportler abschließend noch ein Öl, entsteht ein glänzender Effekt und hebt auch einzelne Sehnen besser hervor.“
Wer sich dafür entscheidet, das Bodybuilding professionell zu betreiben, muss sich auf einen langen Prozess einstellen. Je nach Startklasse kann es bis zu zehn Jahren dauern, bis ein Athlet bühnenreif ist und eine qualitativ gute Muskulatur aufgebaut hat. Die Vorbereitung beinhaltet dann nicht nur langjähriges Training und eine ausgewogene Ernährung, sondern auch ein spezielles Posingtraining. „Bis du das perfektioniert hast, kann es mehrere Jahre dauern“weiß Thomas Hanl. Der 37Jährige betreibt den Fitnesssport seit knapp 20 Jahren, ist mehrfacher ostdeutscher und bayerischer Vizemeister. „Nach einem Wettkampf habe ich eine Woche lang Muskelkater“, sagt er – und lacht. „Du spannst ja bei einer Pose den gesamten Körper an und musst mehrere Muskelgruppen aktivieren, damit die Form insgesamt symmetrisch aussieht“, erzählt er. Und: „Ich habe auf der Bühne auch schon Krämpfe gehabt. Das darfst du dir dann nur nicht anmerken lassen, sondern musst schön weiterlächeln.“Nachdem der Familienvater drei Jahre mit dem Wettkampftraining pausiert hat, will er sich 2019 wieder auf die Bühne vorbereiten.
In der Regel planen Bodybuilder mit der Teilnahme an zwei bis drei Wettkämpfen im Jahr, die jeweils im Frühjahr und im Herbst ausgetragen werden. Entsprechend unterscheiden wettkampforientierte Athleten zwischen zwei Phasen: dem Aufbau und der Diät. Das gesamte Training ist darauf ausgelegt, an Tag X in bestmöglicher Form auf der Bühne zu stehen. „Kein Sportler würde es durchhalten, das ganze Jahr über streng Diät
„Ich habe spät mit dem Bodybuilding angefangen, stand zum ersten Mal mit Anfang 40 auf der Bühne.“
Lothar Pirch,
Inhaber des Body Check Erfurt
zu halten. Klar ernähren wir uns gesund, aber so extrem eingeschränkt und zeitlich getaktet nur in der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung“, beschwichtigt Mandy Kaufmann. Auch die starke Definition zeichne sich nicht das ganze Jahr über so deutlich am Körper ab. „Es gibt Tricks, 24 Stunden vor dem Bühnenauftritt die Salzund Wasseraufnahme auf ein Minimum zu reduzieren, damit die Muskulatur härter wirkt und etwa auch Sehnen hervortreten“, erklärt Lothar Pirch. Und warnt zugleich: „Das ist allerdings nichts für Anfänger. Wenn man es falsch macht, kann das für den Körper nicht nur gefährlich werden, sondern auch das Gegenteil bewirken.“