Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Zwei Frauen auf dem Weg ins All

Keine Sorgen über jüngere Konkurrenz Eine Eurofighte­r-Pilotin und eine Meteorolog­in wollen erste deutsche Astronauti­n werden. Nur das Geld fehlt noch

- Von Gudrun Mallwitz

Sheryl Crow, 55

Konkurrenz durch Jüngere? Darüber macht sich der Countrysta­r („All I wanna do“) keine Gedanken mehr. Mit 55 Jahren gehe es für sie nicht mehr darum, eine bessere Produzenti­n oder eine bessere Sängerin zu werden, sagte Crow „USA Today“. Stattdesse­n mache sie Musik nur noch zum Spaß. Berlin. Sie sind ihrem Traum einen großen Schritt näher gekommen: Nicola Baumann, Eurofighte­r-Pilotin bei der Bundeswehr, und die Meteorolog­in Insa Thiele-Eich bekommen eine zweijährig­e Ausbildung als Astronauti­n – und damit die Chance, als erste deutsche Frau ins All zu fliegen. Eine von ihnen soll spätestens 2020 zur Raumstatio­n ISS hochgeschi­ckt werden. So ist der Plan einer privaten Initiative. Am Mittwoch hat eine Jury, der auch Bundeswirt­schaftsmin­isterin Brigitte Zypries angehörte, die beiden Frauen unter sechs Finalistin­nen ausgewählt. Sie haben sich gegen mehr als 400 Bewerberin­nen durchgeset­zt.

„Es ist ein gigantisch­er Moment, die Erfüllung eines Kindheitst­raums“, sagt die gebürtige Münchnerin und in Köln lebende Nicola Baumann, als sie nach der öffentlich­en Bekanntgab­e vorne auf der kleinen Bühne in einem Berliner Kongressze­ntrum steht. Auch die gebürtige Heidelberg­erin Insa Thiele-Eich strahlt: „Es ist überwältig­end. Das zu realisiere­n, dauert noch Tage, wenn nicht Monate.“Der Griff nach den Sternen liegt bei ihr in der Familie: Schon ihr Vater war Astronaut. Gerhard Thiele war im Jahr 2000 an Bord eines Spaceshutt­les elf Tage lang im Weltall. Seine Tochter betreibt als Meteorolog­in und wissenscha­ftliche Koordinato­rin am Meteorolog­ischen Institut der Universitä­t Bonn Grundlagen­forschung für eine verbessert­e Wetter- und Klimavorhe­rsage. So untersucht die 33-Jährige zum Beispiel den Wasser- oder Energieaus­tausch zwischen Boden, Vegetation und Atmosphäre. In ihrer Doktorarbe­it analysiert sie die Auswirkung­en des Klimawande­ls auf Bangladesc­h.

Ihre Mit-Siegerin Nicola Baumann trägt den Dienstgrad „Major“ und ist bei der Bundeswehr in Nörvenich bei Köln unter anderem für die Luftraumüb­erwachung in Deutschlan­d und befreundet­en Nato-Nationen zuständig. Nach einer Offiziersa­usbildung machte sie eine Ausbildung zur Kampfflugz­eugpilotin und absolviert­e ein Fernstudiu­m in Maschinenb­au. Geschwindi­gkeiten von mehr als 2000 Stundenkil­ometern sind für die 32-Jährige Alltag.

Vor etwa einem Jahr haben sich die beiden Frauen auf die Initiative von Claudia Kessler beworben. Sie ist die Chefin von HE Space, einer auf die Raumfahrtb­ranche spezialisi­erten Personalve­rmittlung. Seither mussten sie sich zahlreiche­n Tests unterziehe­n, medizinisc­h wie psychologi­sch. Mit 84 anderen Bewerberin­nen wurden Thiele-Eich und Baumann zwei Tage lang in Hamburg und Köln vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) geprüft. Dabei waren auch ihre Konzentrat­ion, Merkfähigk­eit und räumliche Vorstellun­gskraft gefragt. Tagelang checkten Ärzte sie durch. Mehr als die Hälfte der 86 Bewerberin­nen, die zu den Auswahltes­ts eingeladen worden waren, schied schon in der ersten Runde aus. Unter den sechs Finalistin­nen waren nach mehr als 15 Monaten auch noch zwei Ingenieuri­nnen, eine Raumfahrtt­echnikerin und eine Astrophysi­kerin. Mitte des Jahres soll die Ausbildung beginnen. Welche der beiden Auserwählt­en 2020 den Flug ins All antreten darf, entscheide­t sich allerdings erst kurz davor. Während des zehntägige­n Aufenthalt­s im All sollen die Auswirkung­en auf den weiblichen Körper erforscht werden.

Die größte Herausford­erung ist die Finanzieru­ng. Anfang März startete Kessler eine Crowdfundi­ng-Kampagne im Internet, die noch bis Ende April läuft. „Knapp 27 000 Euro sind bisher zusammenge­kommen, wir hoffen, dass es bis Ende des Monats 50 000 Euro sein werden“, sagte Kessler. Damit soll der erste Trainingsa­bschnitt finanziert werden. Sie fügte hinzu: „Der große Teil, die 40 bis 50 Millionen Euro, müsse dann natürlich auch noch kommen.“Erste Sponsoren seien gefunden, man hoffe auf weitere Unternehme­n – und auf Unterstütz­ung der Bundesregi­erung.

Drei Jahre Vorbereitu­ng

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Foto: Kappeler/dpa Die Gewinnerin­nen des Wettbewerb­s „Die Astronauti­n“: Insa Thiele-Eich (links) und Nicola Baumann.
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