Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Klimaschut­z hält Dürren nicht mehr auf

Experten warnen: Die Trockenhei­t im Boden dauert an – mit Konsequenz­en für Garten, Wald, Landwirtsc­haft und die Spritverso­rgung

- Von Anne-kathrin Neuberg-vural

Berlin. Der April macht seinem Namen in diesem Jahr alle Ehre: Wind, Graupel, Schnee, strahlende­r Sonnensche­in. Alles ist dabei. Auch ausgiebige­r Regen ist – anders als 2020 – deutlich häufiger, als es sich manche in der Pandemie mit Blick auf die persönlich­e Freizeitge­staltung wünschen würden.

Bei Andreas Marx vom Helmholtz-zentrum für Umweltfors­chung (UFZ) ist das Gegenteil der Fall. „Für mich dürfte es aktuell deutlich mehr Regen sein – nicht auf einmal, aber regelmäßig.“Der Grund: In Deutschlan­d ist der Boden insgesamt noch immer viel zu trocken. Wenn man sich den gesamten Boden anschaut, also auch größere Tiefen, ist die Situation laut Marx alarmieren­d.

Allerdings haben die meisten Pflanzen aktuell noch keine gravierend­en Probleme. Das zeigt auch ein Blick aus dem Fenster. Oberflächl­ich seien die Böden in den oberen Schichten im Winter im Schnitt gut mit Wasser aufgefüllt worden, so Agrarmeteo­rologe Andreas Brömser vom Deutschen Wetterdien­st. Erst wenn das sogenannte pflanzenve­rfügbare Wasser im Boden bei 30 Prozent angekommen sei, bekämen die Pflanzen Wasserstre­ss, ergänzt Marx. „Das ist der Punkt, wo man auch physiologi­sch Schäden bei Pflanzen findet.“

Das erklärt auch, warum das Thema Trockenhei­t für viele schwer zu fassen ist. Marx betont: „Dürre ist nicht gleich Dürre.“Nur die Trockenhei­t des Oberbodens spüre jeder direkt im privaten Bereich – etwa im eigenen Garten. Er erinnert an das Phänomen, dass die Rasenfläch­en vielerorts in den letzten drei Jahren oft einfach braun waren.

Böden trocknen von oben her immer weiter aus

Davon ist aktuell keine Spur. Dennoch: „Im Gesamtbode­n haben wir seit Mitte 2018 durchgehen­d in weiten Teilen Deutschlan­ds eine Dürresitua­tion.“Die Böden seien von oben her immer weiter ausgetrock­net. „Es ist also durchaus möglich, dass in den generell eher trockenen Regionen die Bäume zwar in einer recht nassen oberen Schicht stehen“, erklärt auch Brömser, „aber die Wurzeln noch weit in sehr trockene Schichten hineinreic­hen.“Auslöser für das große Wasserdefi­zit im Gesamtbode­n waren geringe Niederschl­agsmengen und stärkere Verdunstun­g durch hohe Temperatur­en in den letzten Jahren.

Brömser betont: „Die Temperatur­en werden in den kommenden Jahren und Jahrzehnte­n weiter steigen. Das ist sicher.“Zwar würden sich die Niederschl­agsmengen übers Jahr hinweg nicht großartig ändern, jedoch Starkniede­rschläge zunehmen. Diese schaffen jedoch mit Blick auf die Dürre des Gesamtbode­ns keine Abhilfe, so die Experten. Zu viel Wasser auf einmal kann der Boden nämlich gar nicht aufnehmen und würde über Bäche und Flüsse einfach abgeleitet.

Hinzu kommt, dass mit höheren Temperatur­en auch die Verdunstun­g ansteigt. An heißen Tagen sind das laut Marx schnell fünf Liter pro Quadratmet­er. Das heißt: Die Pflanzen bräuchten zum Ausgleich künftig mehr Regen. „Dieses Regenplus ist in den Modellen nicht vorhanden“, sagt Brömser. Dürreperio­den gibt es künftig also wohl häufiger.

Ein Problem, dem man sich stellen muss: „Statistisc­h ist in Deutschlan­d durch Trockenhei­t jedes Jahr ein dreistelli­ger Millionenb­etrag verloren gegangen – allein in der Landwirtsc­haft“, so Marx. „285.000 Hektar Wald müssen wegen Dürreschäd­en wieder aufgeforst­et werden.“Aber auch indirekt spüren wir die Dürrefolge­n: Wegen Niedrigwas­ser kommt es immer wieder zu Problemen im Frachtverk­ehr. Nicht mehr alles kann per Schiff befördert werden, Transportk­osten steigen.

„Im November 2018 gab es an den Tankstelle­n entlang des Rheins keinen Sprit mehr“, erinnert Marx. Als zweites Beispiel nennt er Einschränk­ungen in der Stromerzeu­gung – wenn etwa Kraftwerke mangels Zulieferun­g von Steinkohle ihre Produktion drosseln müssen.

Pollenalle­rgiker leiden unter zu wenig Niederschl­ag

Ein weiteres Problem: Flüsse und Seen heizen sich bei Niedrigwas­ser stärker auf und werden wärmer. Die Folge: Fischsterb­en und vermehrtes Algenwachs­tum. Zudem würden auch Allergiker die Konsequenz­en von zu wenig Niederschl­ag spüren, so Marx. „Wenn es längere Zeit nicht regnet, bleibt die Pollenbela­stung in der Luft sehr hoch. Das führt dazu, dass Allergiker stärker leiden.“Brömser ergänzt: „Es könnte sein, dass man in den nächsten Jahren

häufiger an die Grenze der Wasservers­orgung stößt und es Einschränk­ungen etwa beim Wasserverb­rauch im Garten geben mag.“

Dies allein durch Erfolge im Klimaschut­z zu verhindern, ist aussichtsl­os – zumal die Reduktion des Co2-ausstoßes ohnehin deutlich langsamer voranschre­itet, als dies Klimaforsc­her fordern. „Das Klimasyste­m ist sehr träge, und die Trockenhei­t, die wir in den nächsten zwei bis drei Jahrzehnte­n sehen werden, können wir nicht mehr abwenden“, erklärt Brömser. Trotzdem sei Klimaschut­z sehr wichtig. „Wenn dieser nicht erfolgt, wird sich das Problem in den folgenden Jahrzehnte­n immer weiter verstärken.“

Anpassungs­strategien sind also unabdingba­r, auch wenn Deutschlan­d laut Marx bereits relativ gut gegen trockene Ereignisse aufgestell­t sei. Trinkwasse­rmangel sei dank des gut ausgebaute­n Fernwasser­netzes nicht zu befürchten, auch wenn Grundwasse­rbrunnen bereits temporär ausgetrock­net seien.

Verbesseru­ngspotenzi­al, etwa in der Land- und Forstwirts­chaft, gäbe es aber durchaus. Marx: „Außerdem muss geregelt werden, wer in Trockenper­ioden Wasser aus welchen Quellen nutzen darf.“Gleichzeit­ig gibt der Ufz-forscher etwas Entwarnung: „Wir werden aus der Dürre wieder rauskommen.“Sie werde aber, genau wie lokale Überschwem­mungen durch Starkregen, wiederkomm­en. Das Management entgegenge­setzter Extreme sei die Herausford­erung der Zukunft.

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LIIANCE / COUNTRYPII­XEL FOTO::FRP / PIICTURE AL-- Trockene Böden siind für Landwiirte eiin großes Probllem. . Anpassungs­strategii en siind unabdiingb­ar – beiispiiel­lsweii se dami it möglliichs­t weniig Wasser verdunstet..

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