Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Seniorin klagt gegen Partnervermittlung
Aachenerin will 8500 Euro zurück. BGH stützt Klägerin und spricht von Recht auf Widerspruch
Karlsruhe. Er war allein, gut situiert, jemand, der sich wieder binden wollte. Ein Mann, wie ihn sich Frau S., Mitte 70, sehr gut an ihrer Seite vorstellen konnte. Also rief sie die Rufnummer unter der Kontaktanzeige in ihrem Wochenblatt an – und war bei der Partnervermittlungsagentur „Glück für Zwei“gelandet. Den Mann aus der Anzeige lernte sie nie kennen. Aber sie zahlte 8500 Euro an die Agentur.
Übliche Praxis bei Partnervermittlungsagenturen, so Verbraucherzentralen. Doch damit wollte sich Frau S. nicht zufriedengeben. Am Donnerstag befasste sich der
Bundesgerichtshof mit dem Fall.
Gleich am nächsten Tag, nachdem sie die Nummer angerufen habe, sei ein Mitarbeiter der Koblenzer Agentur „Glück für Zwei“bei ihr vorbeigekommen und habe ihr 21 Partnervorschläge unterbreitet. Doch der richtige Mann war nicht dabei, das merkte sie schnell. Und genauso schnell wollte sie ihr Geld, die 8500 Euro, zurück.
Frau S. aus Aachen versuchte, wenige Tage später, alles rückgängig zu machen. Allerdings hatte sie Erklärungen unterschrieben, mit denen sie unter anderem auf ihr Kündigungsrecht verzichtete. Pech gehabt? Wohl nicht. Nach derzeitiger Einschätzung der Bgh-richter konnte der Vertrag trotzdem in der üblichen 14-Tages-frist widerrufen werden. Allerdings müssen bereits erhaltene Leistungen in solchen
Fällen trotzdem bezahlt werden. Sie scheinen sich an einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Online-dienst Parship aus dem Oktober orientieren zu wollen.
Bleibt es dabei, käme es gar nicht darauf an, wie viele Vorschläge die Klägerin schon erhalten hatte. Entscheidend wäre die Vertragslaufzeit.
In diesem Fall wurde der Vertrag für ein Jahr geschlossen, gekündigt wurde nach einer Woche. „Glück für Zwei“dürfte folglich nur einen kleinen Anteil von rund 160 Euro behalten (Az. III ZR 169/20). Das Urteil fällt am 6. Mai.