Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Schlechte Stimmung im Handwerk
Viele Unternehmen kämpfen mit dramatischen Umsatzeinbußen. Personal abgebaut
Erfurt. Mit jedem Monat verlängerten Lockdown verschlechtert sich die Lage und die Stimmung in vielen Handwerksbetrieben im Freistaat weiter. „Inzwischen bewertet nahezu jeder vierte Betrieb in Mittelund Nordthüringen seine aktuelle Situation negativ“, berichtete gestern der Präsident der Handwerkskammer Erfurt, Stefan Lobenstein, über die Ergebnisse der jüngsten Konjunkturumfrage der Kammer. Viele Firmeninhaber befürchteten sogar eine weitere Verschlimmerung der Lage.
„Noch haben fast keine Betriebe in der Krise aufgeben müssen“, sagte Lobenstein, dabei verwies er aber auf die ausgesetzten Regelungen zu Insolvenzanmeldungen. Im Gegenteil sei die Zahl der Unternehmen sogar geringfügig angestiegen. Es gebe auch Gewerke, die über Umsatzzuwächse berichten, so Lobenstein. Das gelte insbesondere für die Bau- und Ausbauunternehmen.
Dagegen hat fast die Hälfte der Unternehmen im Kammerbezirk (47 Prozent) einen spürbar geringeren Umsatz als noch vor einem Jahr erzielen können. Die Pandemie sei im gesamten Handwerk unverändert das beherrschende Thema, so der Hauptgeschäftsführer der Kammer Thomas Malcherek. „Noch ist das Handwerk vergleichsweise moderat durch die Krise gekommen, aber auch uns geht langsam die Puste aus“, erläuterte Malcherek die wachsende Ungeduld vieler Handwerker.
Viele Unternehmen in zahlreichen Gewerken stünden vor einem Scherbenhaufen ihrer wirtschaftlichen Existenz, warnte Lobenstein. So hätten etwa die Unternehmen im
Gesundheitshandwerk mit Umsatzrückgängen von 74 Prozent, die personenbezogenen Dienstleister mit einem Minus von 73 Prozent und das Kraftfahrzeug-handwerker mit einem Rückgang von 64 Prozent leben müssen.
Die Autohäuser und Werkstätten spürten den um rund ein Fünftel eingebrochenen Neuwagenabsatz. „Die Menschen halten ihr Geld zusammen, weil sie nicht einschätzen können, wie sich ihre persönliche Lage entwickelt“, so Lobenstein. Hinzu kommt laut Malcherek die deutliche gesunkene Mobilität der Bevölkerung. „Es wird weniger gefahren, gibt weniger Fahrzeugschäden oder Ausfälle von Verschleißteilen“, so Malcherek.
Das wirke sich auch in den Beschäftigtenzahlen aus: rund ein Viertel der Betriebe habe inzwischen einen Personalabbau vollzogen. Und auch in die Zukunft blicken die Betriebe laut der Umfrage eher mit Sorge. Vier von fünf Unternehmen hegen demnach lediglich noch „befriedigende“oder sogar „schlechte“Erwartungen an die künftige Geschäftsentwicklung.
Das schlage sich nicht nur in der Erwartungen bestenfalls gleichbleibender oder gar sinkender Umsätze wider, sondern führe auch dazu, dass Investitionen zurückgestellt werden, sagte Lobenstein. „Unsere Betriebe sind gezwungen auch in den nächsten Monaten im Krisenmodus zu arbeiten“, so Lobenstein.
Er sei natürlich froh darüber, dass Friseursalons auch unter den verschärften Regeln des neuen Infektionsschutzgesetzes weiterarbeiten dürfen. „Allerdings kann ich Kosmetikerinnen nicht erklären, weshalb sie wieder schließen müssen“, so der Kammerchef.
Beim Thema Testpflicht in den Unternehmen ist für Thomas Malcherek nicht nachvollziehbar, weshalb die Arbeitgeber solche Tests anbieten müssen, die Beschäftigten aber nicht verpflichtet sind, diese zu nutzen.
„Noch ist das Handwerk moderat durch die Krise gekommen, aber auch uns geht langsam die Puste aus.“