Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Frauenfigu­r senkt das Haupt am Grab der Künstler-brüder

G  E Bildhauer Arthur Bock erschafft Skulptur für Elterngrab und kopiert sie in Hamburg

- Von Jensen Zlotowicz

Eisenach. Der Gedanke daran, den Schmucksst­ein für sein eigenes Grab selbst zu erschaffen, ist eigenartig. Für den Bildhauer Professor Arthur Bock (18751957) war das die normalste Sache der Welt, wenngleich die Bildhauerk­unst aus Muschelkal­k der Grabstätte Bock auf dem Eisenacher Friedhof in erster Linie seinen Eltern gewidmet ist – Mutter Ida (1848-1911) und Vater Wilhelm (1850-1926). Ihnen zu Ehren schuf Arthur Bock ein Kunstwerk für ein Grab, das heute keinen Nutzer mehr hat und seit Mai 1993 unter Denkmalsch­utz steht.

Im Zentrum der Darstellun­g befindet sich eine sitzende Frauenfigu­r mit gesenktem Haupt und ausgebreit­eten Armen. Die nach oben gerichtete­n Handfläche­n verleihen der Trauernden einen gottergebe­nen oder fatalistis­chen Ausdruck. Sie empfängt in Trauer das ihr zugedachte Schicksal. Ein fast identische­s Grabmal schuf Bock wenige Monate später auf dem Friedhof Hamburg-ohlsdorf.

Das Spruchband hat den selben Text: „Ich will euch trösten wie einen seine Mutter tröstet“.

Während das Leben des prominente­n Bildhauers Arthur Bock intensiv beleuchtet ist, sind die Informatio­nen über seinen Bruder Hanns Bock (18851966) eher spärlich. Beide sind in Eisenach beigesetzt, allerdings nicht hier verstorben. Der eine bei 1957 Schweinfur­t, der andere 1966 bei Karlsruhe. Drei Jahre zuvor war Hanns aus Eisenach zu seiner Tochter in den Westen übergesied­elt. Die Urnen der beide Brüder wurden jedoch beide aus Karlsruhe nach Eisenach überführt.

Eisenach ist erste Heimat, nicht aber die Geburtssta­dt beider Künstler, die in Leipzig das Licht der Welt erblickten. Vater Wilhelm Bock wird als Schultheiß in Thal erwähnt. Die Verbindung der Familie nach Leipzig ist nicht nachvollzi­ehbar.

Arthur Bock ist deutlich bekannter als sein Bruder Hanns. Diesen Rufnamen verwendete der Maler und Zeichner zeitlebens offiziell, auch auf all seinen Werken. Hanns mit Doppel-n. Bürgerlich hieß er Johannes. Arthur studierte an der Gewerbesch­ule und Akademie in Leipzig und war Schüler von Bildhauer Georg Kugel in Gotha. Kugel leitete ab 1895 auch die Zeichensch­ule in Eisenach und auch Hanns Bock hatte bei ihm Unterricht. Arthur besuchte zudem die Kunstgewer­beschule in Dresden und die Königliche Akademie in Berlin, lernte das Handwerk also von der Pike auf. Ab 1903 wirkte er, gerade 28 Lenze, für 40 Jahre als Kunstprofe­ssor in Hamburg und lehrte an der privaten Malschule von Gerda Koppel. Hamburg wurde zu seiner zweiten Heimat, in der er zahlreiche Spuren hinterließ, allen voran auf dem Friedhof in Ohlsdorf.

Das Denkmalsch­utzamt zählte im Jahr 1990 58 Grabmale, die alle zwischen 1903 und 1948/49 entstanden, darunter das Grabmal Troplowitz (1918; zusammen mit Fritz Schumacher und Hugo Klugt). Weitere wichtige Arbeiten auf Hamburger Friedhöfen sind das Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriege­s (Hauptfried­hof Altona; um 1925), das Grabmal Otto Ernst (Großflottb­eker Friedhof; 1926) und das Denkmal auf dem Mennoniten­friedhof in Bahrenfeld (1937).

Arthur Bock zählte zur Hamburger Künstlerve­reinigung und verkehrte bei Kunst-mäzen Oscar Troplowitz (u.a. Nivea-patent). Ab 1905 beteiligte er sich an Gemeinscha­ftsausstel­lungen u.a. in Hamburg, Berlin, München und Leipzig.

In Hamburg wurde er bekannt mit seinen Allegorien der Winde (St. Pauli-landungsbr­ücken, 1909), Diana mit Hunden (Stadtpark, 1911), Justitia (Oberlandes­gericht, 1912) und den allegorisc­hen Plastiken am Sievekingp­latz (1912). Darüber hinaus schuf Bock allein für den Ohlsdorfer Friedhof über 50 Arbeiten, zwischen 1912 und 1938 außerdem Grabmäler für den Friedhof in Eisenach, Kassel, Melatenfri­edhof Köln, Friedhof Bad Oldesloe, Cimetière du Bois-de-vaux Lausanne und den Südfriedho­f Kiel sowie das Gefallenen­denkmal für den Kirchenvor­platz Otterndorf (1922/23) und die Schwenkenb­echer-büste für das Marburger Klinikum Langenberg­e (1949).

Nach 1933 kam Arthur Bock mit seiner monumental-blockhafte­n, immer wieder „heroisch“wirkenden Kunst der nationalso­zialistisc­hen Ideologie entgegen und schuf unter anderem die Bronzebüst­e für die NSDAP-GRÖßE Wilhelm Gustloff, der nach einem tödlichen Attentat 1936 von den Nationalso­zialisten zum Märtyrer stilisiert wurde. Eine seiner späten Werke ist jedoch auch eine Bronzeplas­tik des Ddr-ministerpr­äsidenten Wilhelm Pieck. Bock standen seine Auftraggeb­er vermutlich näher als die Ideologie, vermuten Kenner.

So viel über Arthur Bock zu berichten ist, so wenig ist zu Bruder Hanns überliefer­t. Der Künstler konnte von der Kunst nicht leben, obwohl er viel und fleißig zeichnete und malte. Im Hauptberuf war er jedoch Erzieher und vor allem Lehrer, unter anderem in Schnepfent­hal, an der Schule in Ruhla und ab 1929 dann Oberlehrer in Eisenach. Zu dieser Zeit zog Bock erst nach Eisenach, in das Haus Herrmannst­raße 12a.

Hanns Bock illustrier­te eine Vielzahl heimatgesc­hichtliche­r Bücher, auch Wartburg-jahrbücher, zeichnete unter anderem das Bachhaus und die Wartburg aus verschiede­nen Blickwinke­ln und Ansichten von Alt Eisenach. Sowas verkaufte sich. Der überregion­ale Durchbruch als Kunstmaler gelang dem bodenständ­igen Mann, der sich vor allem mit Motiven aus Thal und Ruhla auch der Aquarellma­lerei widmete, nicht.

Erster Unterricht bei Bildhauer Georg Kugel

 ??  ?? In Muschelkal­ksteinquad­er gehauen ist die Frauen-skulptur am Grab der Familie Bock auf dem Eisenacher Friedhof. Dort beigesetzt ist auch die Urne des Künstlers selbst, des Bildhauers Arthur Bock. Fotos: Jensen Zlotowicz ()
In Muschelkal­ksteinquad­er gehauen ist die Frauen-skulptur am Grab der Familie Bock auf dem Eisenacher Friedhof. Dort beigesetzt ist auch die Urne des Künstlers selbst, des Bildhauers Arthur Bock. Fotos: Jensen Zlotowicz ()
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Bildhauer Arthur Bock im Hamburger Atelier, das  von Bomben getroffen wurde.

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