Thüringer Allgemeine (Eisenach)
„Das Potenzial der AFD liegt deutlich über 20 Prozent“
Vorsitzender Alexander Gauland über die Provokationen seiner Partei – und ihre Kontakte zum Verfassungsschutz
Wollen Sie stärkste Kraft in Deutschland werden?
Die Umfragen sehen uns zwischen 17 und 20 Prozent. Das Potenzial der AFD liegt deutlich über 20 Prozent. Solange Frau Merkel Bundeskanzlerin ist, wird es immer größer.
Der frühere Chefstratege von Us-präsident Donald Trump, Steve Bannon, will zur Europawahl im kommenden Jahr rechtspopulistische Parteien in der EU stärken. Welche Kontakte gibt es zur AFD?
Meine Kollegin Alice Weidel hat sich einmal mit Herrn Bannon getroffen. Ich sehe aber keine großen Möglichkeiten einer Zusammenarbeit. Wir sind nicht in Amerika. Die Interessenlage der systemoppositionellen Parteien in Europa ist doch sehr unterschiedlich. Die AFD hat engere Kontakte nur nach Österreich zur FPÖ. Frauke Petry wollte immer mit dem französischen Front National zusammenarbeiten, das hat ja auch nicht funktioniert. Herrn Bannon wird es nicht gelingen, zur Europawahl eine Allianz von Gleichgesinnten zu schmieden.
Die frühere Afd-chefin Petry soll sich mit Verfassungsschutz-präsident Hans-georg Maaßen getroffen haben. Thema war angeblich, wie die AFD einer Beobachtung entgehen kann. Was wissen Sie darüber? Erstens weiß ich gar nichts darüber. Und zweitens halte ich das für eine Ente, die eine Autorin in die Welt gesetzt hat, um ihr Buch populär zu machen.
Warum muss falsch sein, was die Afd-aussteigerin Franziska Schreiber sagt?
Ich schätze Herrn Maaßen als objektiven Spitzenbeamten. Ich halte es für frei erfunden, dass er Frauke Petry irgendwelche Ratschläge gegeben hat. Im Bundesvorstand hat sie mal so getan, als ob sie sich mit Maaßen getroffen hätte. Ich weiß es nicht. Vielleicht war es nur ein Telefongespräch.
Haben Sie selbst schon mit dem Verfassungsschutz gesprochen?
Ja, ich habe ein Gespräch mit Herrn Maaßen geführt. Ich hatte ein konkretes Anliegen. Es gab den Verdacht, dass wir in der Fraktion einen Einflussagenten Moskaus hätten. Das wollte ich klären. Herr Maaßen hat mir nach einer gewissen Prüfung gesagt, dass da nichts dran ist. Das war aber auch alles.
Sie haben sich keine Tipps geholt?
Um Gottes Willen! Es wäre mir peinlich, mit Herrn Maaßen so etwas zu besprechen.
Wie viele Rechtsextreme könnte der Verfassungsschutz in der AFD entdecken?
Es gibt in der AFD keine Rechtsextremen. Wie definieren Sie rechtsextrem?
Rechtsextreme sind Menschen, die die Verfassung abschaffen und das Führerprinzip einführen wollen. Die Adolf Hitler heute noch für einen großen Staatsmann halten und bedauern, dass der Nationalsozialismus an den Alliierten gescheitert ist.
In der AFD denkt niemand so? Nein. Wir sind anarchisch, demokratisch und halten am Grundgesetz fest. Mit Führerprinzip und Nationalsozialismus haben wir nichts zu tun.
Der Fall des türkischstämmigen Fußballspielers Mesut Özil, der aus der deutschen Nationalmannschaft zurückgetreten ist, hat eine neue Debatte über Rassismus im Alltag ausgelöst. Wie finden Sie diese Diskussion?
Die sollen Fußball spielen – alles andere interessiert mich nicht besonders. Ich glaube nicht, dass der Rassismus in Deutschland stärker geworden ist. Özil unterstützt begeistert den türkischen Staatspräsidenten, die deutsche Nationalhymne singt er aber nicht mit. Da kann man als Fußballfan schon fragen: Ist das alles richtig? Mit Rassismus hat das nichts zu tun.
Erdogan-foto hin oder her – ist Özil nicht ein Vorbild für Integration?
Ich glaube nicht, dass jemand wie Özil, der den autokratischen türkischen Staatspräsidenten bedingungslos unterstützt, ein Vorbild für Integration in Deutschland ist.
Wäre es Ihnen lieber, wenn in der deutschen Nationalmannschaft keine Spieler mit ausländischen Wurzeln wären? Das ist mir völlig egal. Wir können zur Mannschaft von 1954 mit Fritz und Ottmar Walter nicht zurückkehren. Das ist nun einmal so.
Nächste Woche im Interview: Spd-chefin Andrea Nahles