Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Der Traum von Paris
Die Rede war von einer Riesenüberraschung, einer wundersamen Wandlung, der Krönung von Madrid: Mit seinem Sieg beim Masters-Turnier in der spanischen Hauptstadt hat Alexander Zverev für Furore gesorgt. Nun träumt Deutschlands bester Tennisspieler von Paris. Der Weg scheint frei, einen Traum wahr werden lassen.
Abseits des Courts mag der gebürtige Hamburger oft unreif erscheinen durch seine ungehemmte Partylust. Als unbelehrbar wird er angesehen. Im Spiel hingegen ist er reifer geworden. Das hat der ZweiSatz-Sieg gegen den WeltranglistenVierten Dominic Thiem ebenso gezeigt wie die starke Vorstellung zuvor gegen Sandplatz-König Rafael Nadal. Attestiert werden dem Deutschen ohnehin mit die härtesten Grundschläge auf der Tour, Kraftzuwachs und mehr Beständigkeit.
Was Zverev bei vier Masters-Siegen fehlt, ist das Wissen, eines der ganz großen Turniere gewinnen zu können; die mentale Stärke dazu, vielleicht auch Unbekümmertheit.
Er ist 24, hat einen Entwicklungsschritt hinter sich und steht an einem wohl entscheidenden Punkt in seiner Karriere. Er sucht nach Anerkennung, um endlich als großer Spieler wahrgenommen zu werden. Er braucht einen großen Titel.
Es klang nach Trotz, als Zverev nach dem verlorenen Viertelfinale der Australien Open gegen den Weltbesten Nowak Djokovic meinte, er rücke nicht von seinem Ziel ab, in diesem Jahr ein Grand-SlamTurnier zu gewinnen.
Auf der roten Asche von Roland Garros sind die Hoffnungen groß, dass es Zverev gelingt. In drei Wochen beginnen die französischen Meisterschaften. Es könnte der erste Sieg eines Deutschen im Herreneinzel seit dem Triumph von Henner Henkel sein – seit 84 Jahren.
Von Marco Alles
Die schlagartige Stille im Stadion ließ seine eigene Anspannung noch einmal ansteigen: „Ich wusste ja, was auf dem Spiel stand“, sagt Jürgen Heun. Fünf Minuten vor dem Ende hatte sich Thomas Vogel bei einem Konter gegen klar dominierende Gäste durchgetankt und wurde von Olaf Bitzka gefoult. Der fällige Elfmeter war Chefsache und geriet zum ewig jungen Duell mit Bodo Rudwaleit, einer ungeliebten Institution zwischen den OberligaPfosten („Bodo Eierkopp“).
„Er war mein Lieblingstorwart“, meint auch der Rot-Weiß-Rekordspieler vieldeutig. „Ein Riesen-Kerl mit echten Pranken.“Da Rudwaleit bis 1989 das Tor des BFC Dynamo hütete, wurde er zum Symbol des verhassten Serienmeisters. Ihn zu überwinden, schmeckte besonders gut – auch nach dessen Wechsel zu den Eisenhüttenstädtern. „Scharf und flach ins Eck“, lautete seit jeher Heuns Motto. „Der brauchte ja eine Weile, bis er unten war.“Als der Ball zum 2:0 im Netz zappelte, drohte die alte Holztribüne unter dem Jubel zusammenzubrechen.
Der zehnte Saisonsieg war perfekt. Zur Qualifikation für die 2. Bundesliga benötigten die Erfurter noch einen Punkt aus zwei Partien. „Da war auch dem Letzten klar: Hier geschieht etwas ganz Großes“, erzählt Heun und stellt den Erfolg auf eine Stufe mit dem Erreichen des Pokalfinales 1980 gegen Jena.
Dabei fand der Torjäger selbst nur schwer in die Saison. Heun hatte lange mit den Nachwirkungen seines