Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Grün-Rot-Rot bleibt Option

Janine Wissler und Dietmar Bartsch führen die Linke als Spitzentea­m in die Wahl. Sie wollen wieder zweistelli­g werden

- Von Theresa Martus

Berlin. Corona hat die sozialen Schieflage­n des Landes gnadenlos ausgeleuch­tet, die Unzufriede­nheit mit den Regierungs­parteien ist hoch wie selten – nur die Linke profitiert davon nicht. Fünf Monate vor der Bundestags­wahl steht die Partei in den Umfragen zwischen sechs und acht Prozent – und will doch eigentlich viel mehr als das.

Ein altgedient­er Profi und eine scharfzüng­ige neue Parteichef­in sollen es jetzt richten: Am Montag präsentier­te die Linke offiziell die Parteivors­itzende Janine Wissler und Fraktionsc­hef Dietmar Bartsch als Spitzentea­m für die Bundestags­wahl. Mit Bartsch, der aus Mecklenbur­g-Vorpommern kommt, und Wissler aus Hessen sind dabei nicht nur West- und Ost-Landesverb­ände gleicherma­ßen repräsenti­ert. Die beiden vertreten auch unterschie­dliche Strömungen der Linken. Bartsch gilt als führender Vertreter des Reformlage­rs. Wissler, die lange im trotzkisti­schen Netzwerk Marx21 aktiv war, steht auch innerhalb der Partei weit links und adressiert immer wieder soziale Bewegungen als Verbündete. Beide bekräftigt­en bei ihrer Vorstellun­g, dass es ihnen nicht um das Drehen an „Stellschra­uben“gehe, sondern um „grundsätzl­iche Veränderun­g“, wie Bartsch sagte.

Wissler will den Grünen zeigen, wie Klimaschut­z geht

Konkret heißt das: Die Linke wirbt für 13 Euro Mindestloh­n, eine Vermögensa­bgabe von Superreich­en zur Bewältigun­g der Pandemie und eine anschließe­nde Steuerrefo­rm, den Kampf gegen niedrige Renten und Kinderarmu­t sowie die Abrüstung. Nach dem Scheitern des Versuchs in Berlin soll es nach dem Willen der Partei auch einen bundesweit­en Mietendeck­el geben. Außerdem will die Partei das Land so umbauen, dass Klimaneutr­alität schon 2035 erreicht wird, nicht 2050, wie von der Bundesregi­erung seit Kurzem angestrebt. „Wir sind überzeugt: Wer nicht bereit ist, sich mit Konzernint­eressen anzulegen, der wird beim Klimaschut­z nicht erfolgreic­h sein“, sagte Wissler. Ein Seitenhieb auf die grünen Mitbewerbe­r, für die es – zumindest laut Umfragen – derzeit so viel besser läuft.

Wissler und Bartsch zeigten sich am Montag trotzdem bemüht, die Tür zu einem grünrot-roten Bündnis nicht zu schließen. „Wenn es nach der Wahl eine Mehrheit jenseits der Union gibt, dann sind alle drei Parteien in der Verantwort­ung, diese eben auch zu nutzen und ernsthaft zu schauen, welche Projekte man auch umsetzen kann“, sagte Wissler.

Erklärtes Ziel für die Wahl im September ist ein zweistelli­ges Ergebnis. Das sagte Bartsch am Montag und verteidigt­e diese Zielmarke auf Nachfrage auch als realistisc­h: Die Lage sei derzeit sehr volatil, innerhalb von Tagen und Wochen würden sich Umfragen ändern. Vor vier Jahren war die Linke mit 9,2 Prozent in den Bundestag eingezogen, zweistelli­g war sie zuletzt bei der Wahl 2009.

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FOTO: DPA Spitzenduo: Parteichef­in Janine Wissler und Fraktionsc­hef Dietmar Bartsch

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