Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Über 30 Millionen in Berlingerode investiert
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) startet neue Anlage beim Vliesstoffhersteller Mc Airlaid‘s und diskutiert mit Gästen
Es ist Donnerstagabend kurz nach 20 Uhr. Während in vielen Eichsfelder Unternehmen die Lichter bereits aus und die Türen verschlossen sind, ist das Foyer bei Mc Airlaid‘s in Berlingerode hell erleuchtet, steht die Tür weit offen. Es ist der Abend, an dem der rote Knopf für den Start einer neuen Maschine, der 5. Airlaidmaschine, gedrückt werden soll. Und der, der das tun wird, ist Bundesgesundheitsminister
Jens Spahn (CDU). Schon mehrfach, heißt es aus dem Unternehmen, sei er angefragt worden. Jetzt habe es endlich geklappt.
Als der Minister eintrifft, ist keine Zeit für lange Reden. Sein Terminkalender ist voll. Nach der Einweihung und einer Podiumsrunde, zu der die Geschäftsführer Alexander Maksimow und Andreas Schmidt unter anderem Ärzte sowie Vertreter von Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern eingeladen haben, will Jens Spahn gleich zurück nach Berlin. Doch jetzt heißt es erst einmal die weiße Schutzkleidung anziehen, den Knopf drücken, die Maschine starten.
Neuer Zigarettenfilter und Klimadebatte
In den vergangenen zwei Jahren hat Mc Airlaid‘s 60 Millionen Euro investiert. „Über die Hälfte in Berlingerode“, sagt Alexander Maksimow. Seit 2006 befindet sich am Ortsrand des Eichsfelddorfes der Hauptstandort des Unternehmens mit derzeit 170 Mitarbeitern. Seit 1997 gibt es den Betriebsteil in Heiligenstadt. Dazu kommen Stätten im nordrhein-westfälischen Steinfurt, in Selm sowie in Rocky Mount, Virginia (USA). Insgesamt beschäftigt das Unternehmen um die 500 Frauen und Männer.
Die neue Maschine produziert Vliesstoff – ohne Klebeund Bindemittel. „Der Airlaid, der Kern“, sagt Marketing-managerin Sandra Maier, „ist zu 100 Prozent abbaubar und wird in verschiedenen Produkten verarbeitet.“Mc Airlaid‘s setzt auf eigene Entwicklungen, hat viele Patente, darunter Weltpatente. dass sich das ändert – nicht zuletzt, weil die Vermarktung des Produktes nicht einfach ist. Er spricht daher auch von der Scham und der Vereinsamung der Betroffenen und Folgeerkrankungen wie Depression. In der Bundesrepublik, sagt er, gebe es 13,5 Millionen Menschen, die an Inkontinenz litten, 60 Prozent davon seien Frauen, 40 Prozent Männer. Und der Geschäftsführer verweist auf die demoskopische Entwicklung, die Menschen werden älter. Über weitere Produkte wird berichtet, beispielsweise über Saugeinlagen, die beim Abpacken von Fleisch verwendet werden oder beim Obst wie Himbeeren, wo das Pilzwachstum verringert werden könne. „Wir setzen auf Abbaubarkeit und Recyclbarkeit“, erklärt der Geschäftsführer.
Alexander Maksimow hat aber noch ein anderes Thema: das Klimaschutzpaket der Bundesregierung. Ein Freund davon ist er nicht. Und das macht er dem Cdu-minister klar und kritisiert die „allgemeine politische Hysterie um die Umwelt“. Der Unternehmer will eine „klare Politik“, findet eine Vorreiterrolle gut, aber Deutschland sei in der Fläche dafür zu klein, meint er. „Das Co2-thema ist modern, damit will man Punkte sammeln, aber es ist nicht nachhaltig.“ Jens Spahn hört zu. Er freue sich, in einem innovativen Unternehmen zu Gast zu sein. Ideen und Innovationen brauche das Land, die es möglich machten, ohne Erdöle Kunststoffe herzustellen, sagt er. Aber er wünscht sich noch etwas anderes: mehr Zuversicht – „für das, was vor uns liegt“. Viele, räumt er ein, hätten ein mulmiges Gefühl, und das könne zu Verbitterung führen. Spahn rief zur politischen Auseinandersetzung mit dem Thema auf und forderte dazu auf, Bereitschaft „zu guten Diskussionen“zu zeigen, Kompromisse und Gemeinsamkeiten zu finden. Raum für innovative Ideen müsse geschaffen werden, denn bald fange ein neues Jahrzehnt an, erklärte er. Der Gesundheitsminister setzt auf Lust zu Debatten und die Bereitschaft, Entscheidungen zu treffen, auch bei Gegenwind.
Im Rahmen des Podiumsgespräches, das Horst Dornieden moderierte und zu dem auch Cdu-landtagskandidat Thadäus König eingeladen war, ging es dann vorrangig um die Krankenhauslandschaft und Fragen der Pflege. Zum Abschied bekam der Gast ein Geschenk – und wie sollte es anders sein, handelte es sich im Eichsfeld unter anderem um eine Wurst.
Innovative Ideen und Entscheidungen