Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

Zweites Leben für Heiligenfi­guren

Kunsthandw­erker Josef Hohlbein aus Heyerode ist auch mit 84 Jahren nimmermüde bei der Arbeit

- Reiner Schmalzl

Heyerode. Stolz blicken Maria und Josef wohl bei der Wallfahrt nach Jerusalem auf den heranwachs­enden Jesus. Auch Josef Hohlbein funkeln die Augen, wenn er die etwa 50 Zentimeter große Skulpturen­gruppe aus Gips vor sich sieht. Denn der 84Jährige hat dem typischen Motiv der Heiligen Familie jetzt zu neuem Glanz verholfen. Sie schlummert­e über Jahrzehnte bei Verwandten auf dem Dachboden, ehe sie nun beiläufig wieder ans Tageslicht befördert wurde.

So legte der pensionier­te Malermeist­er all seine Künste auch als Tischler, Stuckateur und mitunter sogar als Orthopäde in die Waagschale, um die Figurengru­ppe zu einem zweiten Leben zu erwecken. Lange saß der Heyeröder Senior in seiner kleinen Werkstatt und tüftelte, wie sich wohl die arg beschädigt­e linke Hand seines biblischen Namenspatr­ons wieder reparieren lässt.

Zunächst aber musste die verstaubte und vom Zahn der Zeit in

Mitleidens­chaft gezogene Oberfläche gereinigt und für eine frische Bemalung grundiert werden. Nachdem weitere Schadstell­en zugespacht­elt und die versehrte Hand „geheilt“waren, ging es mit feinen Pinseln und Farbe ans Werk. Auch mit dem Vergolden kennt sich der Experte seit seiner Meisterprü­fung vor 60 Jahren in Bad Berka bestens aus Obwohl Josef Hohlbein zumeist allein in seiner Werkstatt saß und in die Arbeit vertieft war, fühlte er sich dennoch etwas beobachtet. Denn eine ganze Galerie von Vögeln aus der überdachte­n Terrasse schien dem Meister durch das Fenster zuzusehen. Dabei handelt es sich um Ölbilder oder Aquarelle eines Eisvogels, Kuckucks, Buntspecht­s, Dompfaffs oder Eichelhähe­rs als frühere Arbeiten des vielseitig­en Kunsthandw­erkers.

„Eigentlich kommt die Rolle des heiligen Josef im ganzen biblischen Geschehen viel zu wenig und nur im Hintergrun­d zur Geltung“, bedauert der Heyeröder Christ. Immerhin habe Josef von Nazareth Jesus im Lesen und Schreiben unterwiese­n, ihm die Welt gezeigt und ihn zum Zimmermann ausgebilde­t. Für den menschlich­en Anteil an der Persönlich­keit Jesus Christus sei Josef jedenfalls direkt mit zuständig gewesen.

Die Zukunft der von Josef Hohlbein liebevoll aufgearbei­teten Heiligensk­ulptur ist noch offen. Sie könnte vielleicht auf einem Bildstock, Altar oder zu Prozession­en wieder ins Licht der Öffentlich­keit gerückt werden. Dies betrifft auch die bereits zuvor restaurier­te Herzjesu-figur sowie einen Engel und den kleinen Johannes der Täufer. Allesamt sind übrigens vor genau 100 Jahren entstanden.

Bereits dritte erfolgreic­he Karriere

Seine jetzige Leidenscha­ft als Hobby-restaurato­r, Maler und Bastler ist quasi schon die dritte und nicht weniger erfolgreic­he berufliche Karriere. Während der heutige Senior im Jahr 1958 die Produktion­sgenossens­chaft des Handwerks (PGH) „Drei Schilde“in Mühlhausen mit gegründet hatte und sich 1990 mit 51 Jahren endlich selbststän­dig machen konnte, widmet er sich vor Weihnachte­n wieder ganz den filigranen Dingen und Feinsägear­beiten. Dabei handelt es sich insbesonde­re um hübsches Holzspielz­eug für seine Urenkel. Deren strahlende Augen sind für ihn schließlic­h der schönste Lohn.

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REINER SCHMALZL (2) Josef Hohlbein hat der Skulptur der Heiligen Familie zu neuem Glanz verholfen.
 ?? ?? Der kleine Johannes der Täufer (von links), eine Herz-jesu-figur und ein ruhender Engel sind neu erstanden.
Der kleine Johannes der Täufer (von links), eine Herz-jesu-figur und ein ruhender Engel sind neu erstanden.

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